Auf imaginären Flügeln durch Bonn und Region

Von der "Eroica" im Taschenformat bis zur Taschen-Oper-Company: Konzerte des Beethovenfestes: Eine bemerkenswerte musikalische Parallelaktion fand da am vergangenen Sonntag in Bonn und in der Region statt.

Burg Namedy. Eine bemerkenswerte musikalische Parallelaktion fand da am vergangenen Sonntag statt: während die Bamberger Symphoniker unter Jonathan Nott Beethovens "Eroica" in der Beethovenhalle aufführte, erklang dasselbe Stück auf Burg Namedy in der Bearbeitung für Klavierquartett durch Ferdinand Ries.

Der Freund Beethovens wies in einer Anzeige darauf hin: "Alle Spieler müssen schon ziemlich geübt seyn, um dies Quartett gehörig vorzutragen." Das Mozart-Piano-Quartet (Mark Gothoni, Violine, Hartmut Rohde, Viola, Peter Hörr, Cello, und Paul Rivinius, Klavier) ließ in dieser Hinsicht kaum Wünsche offen. Das Ensemble spielte zupackend und zielgerichtet und stellte die gewaltigen Steigerungswellen, die Energieballungen und -entladungen in den Ecksätzen sehr überzeugend heraus.

Zur Zeit Beethovens war man begierig darauf, sinfonische Musik im kleinen Kreis begabter Dilettanten oder gar nur auf dem Klavier studieren zu können. Kaum zu vermeiden scheint allerdings, dass die Anstrengung, orchestrale Wirkungen zu erzielen, zu bisweilen forciertem Spiel verleitet. Beethoven selbst stand Bearbeitungen kritisch gegenüber und bevorzugte, sie selbst vorzunehmen. Wie bei dem Klavierquintett op.16, das er zu einem Klavierquartett umarbeitete. Das Klavier übernimmt die Führung, eine Rolle, die Rivinius mit markantem Spiel ausfüllte. Ein Originalwerk erklang mit der Zugabe, dem zweiten Satz aus Schumanns Klavierquartett in Es-Dur, das sehr seelenvoll, bisweilen ein bisschen sentimental gegeben wurde. Mathias Nofze

Post Tower Lounge. Es ist die letzte Jazzmatinee des diesjährigen Beethovenfestes, die Post Tower Lounge ist bis auf den letzten Platz gefüllt - es liegt eine gewisse Erwartung in der Luft und auf den Schultern von Uwaga. Das Quartett nimmt es gelassen, nähert sich der Bühne selbstsicher und swingend aus den verschiedenen Ecken des Raums und startet übergangslos in ein gleichermaßen eklektisches wie charismatisches Konzert. Mit zwei Violinen, Kontrabass und Akkordeon spielen die vier jungen Herren aus Dortmund eine Mischung aus Jazz, Klezmer, Tango und Pop; wer genau hinhört, vermag gar Polka-Einflüsse zu entdecken.

Die Klangästhetik Uwagas ist das Gegenteil von steril: Die Geigen knarzen, der Bass knurrt und das Akkordeon trifft genau die Mitte zwischen virtuoser Eleganz und schummriger Seemannskneipe. Weil das alles auf höchstem Niveau passiert, funktionieren ihre Lieder als schöngeistiger Genuss, wie etwa bei Astor Piazzollas "Oblivion". Weil die Band jenseits aller musikalischen Kunst auch die Publikumskommunikation mit größtem Charme meistert, und weil das alles blendend zu den Sonnenstrahlen passt, die an diesem Herbstsonntag die Post Tower Lounge fluten, sind Uwaga ein großes Vergnügen und ein überaus würdiges Finale. Tobias Blum

Schumannhaus. Die düsteren Tonarten überwogen eindeutig im Programm des Tecchler Trios, das im Rahmen des Beethovenfestes im Schumannhaus beim "Preisträgerkonzert 3" gastierte. Chromatisch verwoben lassen Esther Hoppe (Violine), Maximilian Hornung (Cello) und Benjamin Engeli (Klavier) den Orpheus-Mythos in Franz Liszts Lesart aufleben. Die sinfonische Dichtung Nr. 4 (S98) des Klaviervirtuosen in der Trio-Fassung von Camille Saint-Saëns - überwiegend im piano gehalten - wirkt erstaunlich verhalten und in sich gekehrt.

Wie aus einem Guss rauscht Robert Schumanns Trio Nr. 3 g-Moll (op. 110) vorüber. Martialisch arbeitet das Tecchler Trio die marschartigen Punktierungen im vierten Satz heraus, wodurch der Kontrast zum Lyrischen - ohnehin eher eine Seltenheit in diesem Trio - umso frappierender hervortritt. Saint-Saëns kämpfte tapfer gegen den "Wagner-Wahn" in seinem Land an und schuf mit dem Trio Nr. 2 e-Moll (op. 92) 1892 ein Werk, das es mit der Theatralik des Musiktheaters aufnehmen sollte. An virtuosen Kniffen und bizarren Wendungen - waghalsige Pizzicati und eine fast grotesk anmutende Fuge - wird nichts ausgelassen. Mutig stürzt sich das Tecchler Trio in die großen Gesten und wird mit starkem Applaus belohnt, für den sich das Trio sich wiederum mit Debussy bedankte. Thomas Kirchhoff

Telekom-Zentrale. "Die Reise ins All" lautet der Titel einer kurzweiligen Familienmatinee der Taschen-Oper Company TOC in der Telekom-Zentrale, bei der es um Beethovens kammermusikalisches Schaffen ging. Wohl wegen des zeitgleichen Familienkonzertes des Beethoven-Orchesters blieb der Saal halb leer. Die Matinee war zwar ausdrücklich als Mitmachkonzert deklariert worden. Doch nur einmal durfte man die Hauptperson des Stückes, Ludwig van Beethoven, mit imaginären Flügelschlägen auf der Reise zu verschiedenen Planeten unterstützen.

Spannend war das Programm, das der Pianist Christoph Ulrich mit seinem Ensemble entwickelt hat gleichwohl, das war auch der konzentrierten Reaktion des jungen Publikums auf das Bühnengeschehen zu entnehmen. Zusammen mit Ib Hausmann (Klarinette, Regie), Julia Hagen (Violoncello), Céline Bräunig (Choreographie) und Jacqueline Allers-Ullrich (Produktionsleitung) hat Ulrich eine Geschichte um Beethoven konzipiert, der mit einem Teleskop ganz neue Welten entdeckt - auch musikalisch. Guido Krawinkel

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