Chris de Burgh im GA-Interview Auf ein Bier am Rhein

Der irische Sänger Chris de Burgh gastiert am kommenden Dienstag auf dem Kunst!Rasen. In Bonn gab der Musiker einst auch eines seiner allerersten Konzerte auf deutschem Boden. Und er erinnert sich sogar noch daran.

 Chris de Burgh: Der irische Sänger im Konzert

Chris de Burgh: Der irische Sänger im Konzert

Foto: picture alliance / dpa

GA: Mister de Burgh, erinnern Sie sich an Ihr erstes Konzert in Bonn? Das muss 1981 in den Rheinterrassen gewesen sein.

Chris de Burgh: Oh ja, ich erinnere mich noch sehr gut daran. Es war ein wunderschöner Sommertag, wir saßen am Rhein, probten und tranken Bier – und ab diesem Moment war mir klar, dass ich einem Land war, in das ich sehr gerne wieder und wieder zurückkehren würde. Das Konzert selbst hat mich darin nur bestärkt.

GA: Wie war das Konzert?

De Burgh: Es war ja das erste Mal, dass ich nicht im Vorprogramm eines anderen Künstlers auftrat, und so waren nur wenige Menschen in den Rheinterrassen, sicherlich nicht mehr als hundert. Aber von denen kam ein fantastisches Gefühl von Zuneigung und Großzügigkeit.

GA: In Deutschland hatten Sie immer besonders großen Erfolg. Haben Sie eine Erklärung?

De Burgh: Ich liebe dieses Land einfach. Das Publikum ist unglaublich loyal, und es kommen inzwischen sogar neue Generationen zu meinen Konzerten. Zudem ist es eines der bemerkenswertesten Reiseziele, reich an Geschichte und Kultur.

GA: Was interessiert Sie in dieser Hinsicht besonders?

De Burgh: Mich haben natürlich besonders die alten Schlösser fasziniert, auch weil ich selbst in einem Schloss aufgewachsen bin. Und die Landschaft, etwa der Rhein oder die Loreley, sind schlichtweg überwältigend.

GA: Dank Ihres Welterfolgs „Lady in Red“ gelten Sie als Schmusesänger. Was für ein Gefühl ist es, oft auf einen einzelnen Song reduziert zu werden?

De Burgh: Ich war immer der Überzeugung, dass die Songs, die ich schreibe, in ihrer Bandbreite einzigartig sind. Deshalb ist es tatsächlich frustrierend, auf einen Softrocker oder Schmusesänger reduziert zu werden. „Lady in Red” ist ein toller Song, noch immer einer der meistgespielten Titel auf der Welt. Doch das Problem ist, dass viele Leute, die ihn nicht mögen, auch alles andere von mir pauschal nicht mögen. Sie hören es sich noch nicht einmal an.

GA: Und was wäre die Lösung für dieses Dilemma?

De Burgh: Die Menschen, die zu einem meiner Konzerte kommen, realisieren schnell, dass es sich um eine kraftvolle Show handelt, in der Rocksongs neben Balladen stehen können. Diese Vielfalt ist einfach Teil meiner Persönlichkeit. Ich höre ja selber alles Mögliche – von Jimi Hendrix über Paul McCartney bis hin zu Mozart.

GA: Sie lieben es, mit Ihrer Musik Geschichten zu erzählen. Woher kommt diese Passion?

De Burgh: Relativ am Anfang meiner Karriere habe ich „Spanish Train” geschrieben, ein Lied über ein Pokerspiel zwischen Gott und dem Teufel, mit Seelen als Einsatz – und als ich das tat, konnte ich die Handlung vor meinem inneren Auge genau sehen. Seitdem sind diese Geschichten für mich mein Kopfkino. Vielleicht liegt es daran, dass ich ein sehr visueller Mensch bin, aber ich liebe es.

GA: Und das lässt sich immer so einfach realisieren?

De Burgh: Nicht immer. Schwierig war es aber zum Beispiel bei „Don't pay the Ferryman”, wo ich der Band erst einmal erklären musste, was für Bilder mir durch den Kopf gingen.

GA: Sollen Ihre Geschichten eine bestimmte Botschaft vermitteln?

De Burgh: Ich habe nicht den Anspruch, zu moralisieren, ich will in erster Linie unterhalten. Ab und zu werde ich zwar politisch, bleibe dann aber doch eher allgemein.

GA: Gibt es da nicht doch einige Ausnahmen?

De Burgh: Nun, es findet sich beispielsweise auf meinem aktuellen Album „The Hands of Man” das Stück „The Keeper of the Keys”, in dem ich meine Überzeugung ausdrücke, dass Frauen überall auf der Welt das Recht haben sollten, für sich selbst zu entscheiden – ohne von Männern unterdrückt zu werden, die sich unter irgendeinem Vorwand das Recht herausnehmen, ihnen Vorschriften zu machen.

GA: Wie entwickeln Sie diese speziellen Songs?

De Burgh: Einige sind gezielte Versuche, einen bestimmten Sachverhalt auszudrücken. Zum Beispiel „St. Peter's Gate”, wo ich mir vorgestellt habe, wie es wohl wäre, wenn Diktatoren wie Hitler, Stalin oder aktuell Mugabe ins Jenseits übertreten und dort von all jenen Menschen empfangen werden, denen sie Unrecht angetan haben. Diese würden die Monster dann in jene Hölle verdammen, in die sie gehören.

GA: Gibt es auch ganz spontane Eingebungen?

De Burgh: Ja, manche Lieder entstehen quasi aus dem Nichts. Auf dem neuen Album etwa der Song „Shipboard Romance”.

GA: Was steckt dahinter?

De Burgh: Das Lied wurde nur durch zwei Städtenamen inspiriert: Cape Town (Kapstadt, Anm. d. Red.) und Kairo. Ich war in der einen Stadt und wollte in die andere, eine Reise vom Süden in den Norden Afrikas, die man am besten mit dem Schiff unternimmt. „From Cape Town to Cairo“ war nur eine Phrase, aber aus der hat sich das Lied entwickelt. Früher haben das die Beatles so ähnlich gemacht. „Ticket to Ride” soll auf diese Weise entstanden sein.

GA: In 42 Bühnenjahren haben Sie rund 280 Songs geschrieben. Können Sie für jede Dekade einen Song nennen, der Ihnen besonders wichtig ist?

De Burgh: Das ist schwer. Hmmm. Als erstes würde ich sicherlich „Spanish Train” nennen. Dann „The Leader”, ein epischer Titel vom Album „Into the Light” über ein nukleares Armageddon. Der dritte müsste dann aus den 90ern sein – und ich würde wieder ein Stück über ein Kriegsthema wählen, nämlich „Up here in Heaven”. Und zum Abschluss dann „Snow is Falling”.

GA: Warum gerade diese vier?

De Burgh: Es ist schon etwas bizarr, dass ich ausgerechnet diese nenne, weil sie alle sehr ernst sind und ich eigentlich eine viel größere Bandbreite bediene. Aber ich bin diesen Stücken sehr verbunden, weil sie alle die Schrecken von Gewalt und Krieg offenbaren.

GA: Soweit ich weiß, sind Sie gerade im Studio und stellen ein neues Album fertig. Das letzte, „The Hands of Man”, ist im Oktober 2014 erschienen, also erst vor anderthalb Jahren. Woher kommt diese Kreativität?

De Burgh: Ehrlich gesagt sehe ich mich gar nicht als so produktiv, andere Künstler haben weitaus mehr Lieder geschrieben. „The Hands of Man” haben wir tatsächlich vor drei Jahren aufgenommen und dann relativ lange gewartet, bis wir es auf den Markt gebracht haben. Und so habe ich einfach vor ein paar Monaten beschlossen, dass es Zeit für ein neues Album ist.

GA: War die Zeit wirklich reif?

De Burgh: Ein Teil von mir sagte zwar „Nein, ich will nicht”, weil sich die Musikindustrie sehr verändert hat und ein Album eine Verschwendung von Zeit und Energie sein kann, aber dann hat es mich doch wieder gepackt.

GA: Normalerweise spielen Sie einen neuen Song auf der Tour vor der CD-Veröffentlichung. Wird das diesmal auch so sein?

De Burgh : Wahrscheinlich. Nigel Hopkins, der ein grandioser Keyboard-Spieler ist und mich begleiten wird, hat mit mir zusammen schon etwas einstudiert.

GA: Was darf das Bonner Publikum sonst noch erwarten?

De Burgh: Oh, wir werden wieder jede Menge Stücke aus allen Jahrzehnten spielen – und sicherlich am Rhein wieder jede Menge Spaß haben.

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