"Mother Road" in der Brotfabrik-Werkstatt Auf dem Vulkan der unterdrückten Gefühle

Bonn · Mit einer kleinen Hommage an ihren Studienort Bonn verabschieden sich die 21 jungen US-Amerikaner des LOSt ANGELeS Ensembles am Ende ihrer Theatervorstellung. Ihr Schlusschor zur Melodie von Beethovens Freudenhymne endet freilich mit der Zeile "All for one and one for all".

Unter diesem Motto könnte die ganze lange Reise stehen, zu der sie ihr Publikum in der Brotfabrik-Werkstatt einladen mit ihrem Stück "Mother Road", in dem sie vier Erzählwerke ihres Landsmanns John Steinbeck miteinander verwoben haben zu einer großen Geschichte über Nähe und Fremdheit, Sorge und Hoffnung, Glück und Verzweiflung.

Vom "broken promised land" handelt eine der melancholischen Balladen in der nachdenklichen epischen Revue, die einen Bogen spannt vom Aufbruch aus der materiellen Armut in die existenzielle Einsamkeit.

Die Gründerväter-Generation behauptet zu Beginn der 1940er Jahre noch ihre längst überholte ländliche Leistungsideologie. Mütter werden zu Monstern oder verkaufen sich in dem rasant wachsenden urbanen Dschungel. Die Kinder, vor allem die erwachsenen Söhne, gehen zugrunde an den moralischen und emotionalen Widersprüchen.

Fabelhaft ist die Choreografie zu diesem Tanz auf dem Vulkan der unterdrückten Gefühle. Selig tummeln sich alle im kühlen Colorado-Fluss nach der Wüstenfahrt mit einem skurril möblierten Lastwagen. Witzig akrobatisch markieren sie ein Bad im stürmischen Pazifik und singen tapfer gegen die Wellen der wilden Natur, deren Reichtum längst vereinnahmt wurde von einer maroden Grundbesitzerklasse, die sich um die Nöte der hilflosen Träumer nicht schert.

Die Früchte des Zorns schmecken im kalifornischen Migrantenlager so bitter wie die Milch in Oklahoma, wo die arbeitslosen Farmarbeiter bloß noch die Wahl zwischen Hungertod und mörderischer Ausbeutung haben. Sehr berührend eingeschoben ist die mexikanische Legende von dem Perlentaucher, dessen plötzlicher Reichtum nur neidische Gewalt gebiert.

Bravourös spielen die jungen Profis mit psychologischem Figurenfutter, sprachlicher Raffinesse und rhythmischer Körperenergie, die über alle dramatischen Wirrnisse einen Sound von Tragikomik trägt.

Letzte Vorstellung am Samstag, 4.Mai, 16 Uhr. Restkarten an der Einlass-Kasse.

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