Teil einer Bundeskunsthallen-Ausstellung Auf dem Museumsplatz soll ein Indianer-Langhaus entstehen

BONN · Es gehört reichlich Fantasie dazu, die gedankliche Brücke von Ingo Esser mit seinem Tirolerhut und sympathischen Schweißhund zu einem Irokesenkrieger zu schlagen. Dabei ist Essers Technik, mittels der sogenannten Langstielheppe einen Baum zu entrinden, nicht grundsätzlich anders als der Brauch der Indianer, Baumaterial für ihre Langhäuser zu gewinnen.

 Ernest Smith dokumentierte 1936 den Bau eines Langhauses des Irokesenstammes Seneca.

Ernest Smith dokumentierte 1936 den Bau eines Langhauses des Irokesenstammes Seneca.

Foto: KAH

Bei einem Lokaltermin im Freilandmuseum Kommern wurde am Mittwoch vor Journalisten die Brücke von Herrn Esser und der Eifel und dem ursprünglichen Irokesengebiet südlich von Ontario- und Erisee in Nordamerika gewagt. Der Anlass ist die erste große Irokesen-Ausstellung in Deutschland, die die Bundeskunsthalle ab 22. März in Bonn zeigt.

Am Rande der erfolgreichen James-Cook-Schau sei die Idee aufgekommen, die Indianer zum Thema zu machen, erinnert sich Henriette Pleiger, Ausstellungsleiterin der Cook-Ausstellung. Schnell kam man überein, sich dem aus sechs Stämmen bestehenden Volk der Irokesen zu widmen. Pleiger bekam den Auftrag, für ein Ausstellungsprojekt zu recherchieren.

Man gewann die Expertin Sylvia Kasprycki, nahm Kontakt mit rund 60 Leihgebern auf. Und es entstand die Idee, neben dem wissenschaftlichen Ausstellungsteil in der Halle ein zentrales Element der Alltagskultur auf den Museumsplatz zu stellen: ein irokesisches Langhaus. Irokesen lebten nicht in Tipis, sondern oft zu mehreren Familien unter matriarchaler Regie in Langhäusern.

Doch wie und durch wen sollte ein originales Langhaus auf dem Bonner Museumsplatz entstehen? Hier kommen das Waldpädagogik-Zentrum Eifel im Freiluftmuseum Kommern und der Museumsförster Esser ins Spiel, denn die Bauweise aus einem Stangen-Skelett und Platten aus Baumrinde ist seit der Steinzeit im Rhein- und Siegerland bekannt. Allein: Kein Mensch beherrscht hierzulande die alte Technik, große Rindenplatten vom Baumstamm zu lösen, in Perfektion. Selbst Esser nicht.

Der machte sich über sein Netzwerk, dem seit über 40 Jahren existierenden internationalen Försterbiathlon, auf die Suche. Und er wurde in Slowenien, in der Oberkrain, beim Waldbesitzer Iwan Dolenec fündig. Dort gibt es das Know-how, dort wurden die nötigen 900 Quadratmeter Rinde von kundigen Arbeitern in großen Platten vom Fichtenstamm gelöst. "Eine Wahnsinnsarbeit", wie sich Oberforstrat Esser erinnert, der seinen Urlaub in Slowenien verbrachte und im Wald mit anpackte. Die Materialfrage für das Bonner Irokesen-Langhaus war also gelöst.

Es fehlte nur noch die technische Seite. Auch da half Kommern. Man brachte den auf historische Holzbauten spezialisierten Architekten Ekkehard Keller von der Kölner FH ins Spiel. "Ich habe noch nie ein Langhaus gebaut", gesteht er, doch er wisse, wie es geht, und kenne Handwerker, die eingespielt sind und gut improvisieren können.

Am Freitag beginnen die Arbeiten auf dem Museumsplatz mit der Markierung für den Grundriss des 20 Meter langen und sechs Meter hohen Langhauses, das aus einem Mittelgang besteht, von dem aus zweigeschossige Zellen erschlossen werden. Ab kommendem Montag wird das Gerüst aus Ahornstangen aufgebaut, später kommen dann die Platten aus Fichtenrinde dazu, die den gesamten Bau, auch die halbrunde Dachkonstruktion, verkleiden.

Das Irokesenhaus soll von einem in Schildkrötenform angelegten Heilkräutergarten und dem Friedensbaum White Pine umgeben werden. Am 22. März soll alles fertig sein. Doch zuvor geht die Bundeskunsthalle noch auf den Rosenmontags-Zoch: Mit passender Perücke und dem Motto "Die Irokesen kommen!"

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