Kvelertak in Köln Atemberaubend durch die Nacht

KÖLN · Kvelertak kommen aus Norwegen. Der Bandname übersetzt sich mit "Würgegriff". Zum Glück spielen die sechs äußerst heterogenen Gestalten auf der Bühne der Kantine in Köln aber wie entfesselt.

 Einzelgänger mit Eule: Kvelertak aus Norwegen.

Einzelgänger mit Eule: Kvelertak aus Norwegen.

Foto: Promo

Es ist schon eine kuriose Mischpoke, die da auf der Bühne der nicht ganz ausverkauften Kantine steht: Ein Drummer, der seine (abgeschlossene) Vergangenheit in einer Nazi-Band optisch nicht zu verheimlichen sucht; ein Hipster-Bassist mit ärmellosem Teenage-Fanclub-Shirt; drei(!) Gitarristen mit a) zugeknöpftem Hemd, b) langen Haaren sowie schwarzem Metal-Shirt und c) einer Unauffälligkeit, die sonst nur Bassisten haben. Und zu guter letzt noch ein Sänger namens Erlend Hjelvik, Oberköper frei, behaart, Jeans mit Ledergürtel, Metal-Mähne, und einer Stimme, als sei er dem Kvelertak gerade entkommen.

Gut, auch bei klarem Gesang würde man den Mann, der zum ersten Song mit einer adventlich beleuchteten, ausgestopften Eule auf dem Kopf ans Mikro tritt, nicht verstehen. Zumindest, wenn man kein ausgeprägtes Faible für Norwegisch hat. Songnamen wie "Nekrokosmos", "Berserkr", "Svartmesse" oder "Heksebrann" zeigen aber klar, woher der Hase läuft.

Die Fans, die trotz der Sprachbarriere so manchen melodischen Part lautmalerisch mitschreien, haben nach dem Lärmgewitter, das die Vorband Killswitch Engage losgetreten hatte, keine Zeit zu verschnaufen: Kvelertak treten von Minute eins bis 90 das Gaspedal bis in den Motorraum durch. Pausen zwischen den Songs sind rar, deren Metal im Rock'n'Roll fußt und nicht selten in Richtung Punk abbiegt.

Der nicht ganz sauber abgemischte Sound (oder die Beschaffenheit der Halle) verhindern leider, dass das oftmals virtuose Melodienspiel der drei Gitarristen etwas untergeht. Dafür läuft Hjelvik wie ein Wildgewordener über die Bühne, spuckt in die Luft, um die Speichelkugel mit der Hand aufzufangen, schwenkt zur Hymne "Kvelertak" eine überdimensionierte Fahne und gibt sowieso in jeder Situation alles.

Auch bei der Songauswahl bleibt kein Auge trocken: Die Highlights aller drei Alben werden gespielt, darunter auch das offensichtlich als Hommage an Van Halens "1984" konzipierte "1985" vom aktuellen Album "Nattesferd", oder das melodische "Snilepisk". Am Ende sind alle nassgeschwitzt und außer Atem - auf und vor der Bühne. Es gibt wenige Bands, die derart viel Spielfreude und gleichzeitig solch ein Tempo vorlegen. Würgegriff hin oder her.

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