Kunst aus Leidenschaft Ateliers in der Bonner Altstadt öffnen ihre Pforten

Bonn · An diesem Wochenende verwandelt sich die Bonner Altstadt in eine riesige Galerie: Viele Ateliers haben ihre Pforten für Kunstinteressierte geöffnet.

Kunst aus Leidenschaft: Ateliers in der Bonner Altstadt öffnen ihre Pforten
Foto: Thomas Kölsch

Die Kunst ist stark in Bonn. Sehr stark sogar. Neben den zahlreichen starken Bands und diversen Theatergruppen hat sich in der Bundesstadt eine ausgedehnte Szene der bildenden Künstler gebildet, die immer wieder gerne ihre Ateliers für die Öffentlichkeit öffnen oder zumindest ihre Werke an ausgewählten Orten präsentieren. An diesem Wochenende hat sich die Altstadt nun zum 24. Mal in eine große Galerie verwandelt: Im Quartier zwischen Kölnstraße, Bornheimer Straße, Ellerstraße und Breite Straße zeigen 41 Künstler ihre Gemälde, Skizzen und Skulpturen und nutzen zugleich die Gelegenheit, um mit interessierten Besuchern ins Gespräch zu kommen.

Eine der zentralen Anlaufstationen abseits der Galeria Galeano, die als Infostelle für die Offenen Ateliers fungiert, ist die KunstBrennerei in der Kölnstraße. Insgesamt zehn Künstler aus allen Stilrichtungen arbeiten in dem Hinterhofgebäude zusammen, unter ihnen auch der Bildhauer Men Duri Melcher, dessen Skulpturen in der Regel eine gesellschaftskritische Botschaft tragen. Nicht umsonst hat er im Rahmen der Weltklimakonferenz COP 23 einige Installationen in den Rheinauen ausgestellt, darunter weiße Wale in Ufernähe sowie einen 120 Kilo schweren Bleihai.

Letzterer hängt jetzt wieder in der Werkstatt, ein wenig leblos angesichts fehlender Illumination. Doch das Meer lässt Melcher nicht los: Unter anderem hat er große Ammoniten mit Glasflaschen gekreuzt und damit ungewöhnliche Hybriden erschaffen. „Ich finde es bemerkenswert, auf der einen Seite Fossilien zu haben, die Millionen Jahre alt sind, und auf der anderen den Müll, den wir gedankenlos wegwerfen und der das gesamte Ökosystem

bedroht“, sagt er. Seine Kunst soll dabei zur Achtsamkeit aufrufen – ebenso wie bei der Handy-Nutzung, die Menschen zu „Smartphone-Zombies“ mutieren lässt. Eine ganze Serie dieser Wesen hat Melcher aus Bronze gegossen, oft nur Bein und Arm und Hand und Mobiltelefon, letzteres als Hirn-Ersatz. Spannende Ansätze. „Es wäre natürlich schön, davon leben zu können“, seufzt er. „Aber das ist schwer. Hauptberuflich bin ich Landschaftsgärtner, weswegen ich auch die Exponate bei der COP 23 ausstellen konnte – die meisten anderen hätten wahrscheinlich gar nicht die Genehmigungen dafür bekommen. Doch leider ergeben sich daraus kaum Folgeaufträge, mit denen man sich einen Namen machen kann.“

Ähnlich ergeht es Kinga MaryN, die in der Physio-Praxis ihres Lebensgefährten in der Irmtrudisstraße ihre Gemälde präsentiert. Eine einheitliche Linie gibt es nicht, fast schon kubistische Werke hängen neben verspielten Abstrakta und eindeutig erkennbaren Abbildungen. „Ich experimentiere gerne mit neuen Stilen und Techniken“, bekennt die 42-Jährige.

„Ich brauche aber auch die Abwechslung. Sie bildet auch ein Gegengewicht zu meinem eigentlichen Beruf: Ich bin Krankenschwester, was mitunter extrem auslaugt. Wenn ich dann mal ein Wochenende frei habe, male ich und komme dabei zur Ruhe. Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich nur das machen, aber das ist leider nicht realistisch.“

Überall finden sich an den beiden Tagen des offenen Ateliers Ausstellungsräume, gekennzeichnet durch ein stilisiertes Auge. Auch im Café Kaffeeklatsch hängt eines und verweist auf Ina Watermann, die in einem Hinterraum inmitten ihrer Skizzen und Aquarelle sitzt. Die studierte Grafikdesignerin hat vor allem Szenen aus Marokko gezeichnet, aus Essaouira und Casablanca, wo sie von 2016 bis 2017 mit ihrem Mann lebte. „Einige meiner Erfahrungen habe ich ebenfalls in Bilder gepackt und zu einem Buch zusammengefasst“, erzählt sie. „Das ist gerade erst fertiggeworden, das einzige Exemplar liegt hier bei mir. Vielleicht ergibt sich ja daraus etwas.“ Mit dieser Hoffnung leben sie alle, die Künstler dieser Stadt.

Auch am Sonntag sind die Ateliers in der Bonner Altstadt von 14 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Eine Liste der teilnehmenden Künstler sowie eine Karte mit den Ateliers finden Sie unter www.offene-ateliers-bonn.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort