Arraus Enkel liebt es unsentimental

Alfredo Perl in der Redoute in Godesberg

Bonn. Nicht nur von Alters wegen könnte er als Enkel Claudio Arraus das musikalische Erbe als "Botschafter" seines Landes Chile in der "Alten" Welt antreten: Alfredo Perl, 1965 in Santiago geboren, steht im Begriff, eine glänzende Karriere zu machen. Ebenso temperamentvoll wie eindringlich ist sein Beethovenspiel; und dass er bei Liszt den Virtuosen zwar durchscheinen lässt, nicht aber gnadenlos heraushämmert, macht ihn - und Liszt - umso sympathischer.

Zudem beweist er Geschmack bei der Programmgestaltung: Schönbergs lapidar "Klavierstück" genanntes, tonal längst atomisiertes op. 33b mit Liszts impressionistisch anmutenden Wasserspielen "Les jeux d`eau la Villa d`Este" und einem diabolisch schwarzen Mephisto-Walzer gleichsam kurzzuschließen, ist nicht Mutprobe eines jungen Klavierlöwen, sondern lässt überraschende Zusammenhänge erkennen. Eröffnet wurde der Abend, zu dem der Internationale Club La Redoute in sein Domizil nach Bad Godesberg eingeladen hatte, ebenfalls mit Liszt: Fantasie und Fuge nach B-A-C-H.

Für den Beethoven-Teil hatte Perl die beiden Sonaten op. 27 in Es-Dur und cis-Moll ausgewählt, die als "quasi una Fantasia" nach einer Entscheidung verlangen. Perl spielt sie - hierin Arrau-verwandt - in den langsamen Sätzen recht zügig und metrisch glatt, womit er sentimentalischen Untiefen entgeht. Die Finalsätze wirken - dank einer sehr präsenten Linken - bei aller eingesetzten Kraft stets diszipliniert. Einen Pianisten solchen Formats wünscht man sich an das Instrument im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses.

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