Arp Museum zeigt Werke von Fra Angelico bis Monet

Der ehrfürchtig staunende Tourist auf dem Bild im Arp Museum ist nur eine winzige Randfigur unter dem reißenden Wasserfall von Tivoli, den Johann Martin von Rohden 1825 mit viel Sinn für donnernde Dramatik malte.

Arp Museum zeigt Werke von Fra Angelico bis Monet
Foto: Museum

Rolandseck. Der ehrfürchtig staunende Tourist auf dem Bild im Arp Museum ist nur eine winzige Randfigur unter dem reißenden Wasserfall von Tivoli, den Johann Martin von Rohden 1825 mit viel Sinn für donnernde Dramatik malte.

Die "Cascata Grande" gehörte damals ins touristische Pflichtprogramm einer Bildungsreise nach Italien. Und der schwelgende Wanderer vor einer überwältigenden Naturkulisse passte genau ins Bild der Romantiker.

Der Blick auf die Landschaft ist immer auch eine Frage des geistigen Horizonts, Produkt der Erkenntnis und einer Einstellung zu den Dingen und zum Leben. Die Natur-Landschaft kann etwa zu einem himmlischen Goldgrund transzendieren, sich entmaterialisieren, wie bei einem Bild des Heiligen Nikolaus von Fra Angelico aus dem frühen 15. Jahrhundert.

Sie kann auch unmittelbar als atmosphärisch dichtes Erlebnis wirken, wie in einem Gemälde des niederländischen Realisten Jan van Goyen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Schließlich kann die konkrete Landschaft weitgehend nebensächlich werden: Wenn es etwa darum geht, Licht und Farbe auf der Wasseroberfläche spielen zu lassen.

Das eigentliche Motiv, die Felspyramiden von Port-Coton an der Küste der Bretagne, für viele Maler eine Sehenswürdigkeit wie die "Cascata Grande" von Tivoli, rückt bei Claude Monet in den Hintergrund. Ihn interessieren 1886 einzig und allein die Lichtreflexe auf dem Wasser und dem Felsen. Landschaftsmalerei ist immer eine Frage des Horizonts.

In Monets Bild ist der geografische Horizont ganz nach oben gerückt, wird fast aus dem Bild gedrängt, so unwichtig ist er. "Horizonte" nennt das Arp Museum Bahnhof Rolandseck treffend eine Neuauflage der Reihe "Kunstkammer Rau", in der die Teile der in Rolandseck beheimateten Unicef-Sammlung des Mäzens und Arztes Gustav Rau aufgefächert werden.

Von Fra Angelico bis Monet reicht die Tour d'horizon, fast 500 Jahre Landschaftsmalerei, erzählt in 46 Bildern. Die Ausstellung schildert den Weg einer Eroberung, etwa wie die Natur den Goldgrund verdrängt und als kostbares Zitat aus der Buchmalerei wie eine Brosche in einem "Jüngsten Gericht" des gotischen Meister des Marienlebens auftaucht.

Wie Bühnenrequisiten möblieren Natur-Placebos den Raum rund um den Heiligen Anno und Heiligen Georg des Kölner Meisters der Georgslegende. Der Weg zur autonomen Landschaft, die frei von spirituellem oder allegorischem Beiwerk wuchern darf, ist steinig und weit.

Nur im Hintergrund darf die Natur vorerst sprießen, hinter der Kreuzigung des gotischen Meisters des Hersbrucker Altars oder der Frührenaissance-Madonna Antonio Solarios. Die Ausstellung zeigt mit schönen Beispielen, wie sich die Landschaft emanzipierte, von den Niederländern entdeckt und gehegt wurde, wie sie zum Fluchtpunkt der Sehnsüchte nach einer pastoralen Idylle wurde, zum Stolz adeliger Grundbesitzer.

"Horizonte" verfolgt auch den Wandel der Landschaft vom bloßen Zitat in der religiösen Tafelmalerei hin zur Natur einer entstehenden Freizeitgesellschaft, die spazieren geht, im Grünen rastet, die am Strom der Rheinromantik unterwegs ist - dokumentiert durch zwei herrliche Leihgaben aus dem Rheinischen Landesmuseum Bonn. "Horizonte" ist nicht zuletzt ein Schaulaufen großer Meister wie Bonnard und Cézanne, Denis, Derain und Monet, Pissarro, Ruysdael, Sérusier, Sisley, Vuillard und vielen anderen. Ein Leckerbissen, kredenzt am Ufer des Rheins.

Arp-Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen; 18. März bis 8. Januar 2012. Di-So 11-18 Uhr. Katalog (Kerber) 24,50 Euro

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