Frauenmuseum in Bonn Arbeiten zeitgenössischer Künstlerinnen

BONN · Wer war Mona Lisa? Ähnlich wie bei der schönen Nofretete wird in Leonardo da Vincis Frauenporträt die historische Persönlichkeit, der wir uns aus geschichtlicher Ferne nähern, überlagert von einem ikonenhaft verehrten Abbild, das vor etwa einhundert Jahren populär wurde und seither als ein geheimnisvoll lächelndes Ideal in unserem Bildgedächtnis fest verankert ist.

 Für Christine Theile ist "La Tigressa" eine junge arabische Frau mit Handykamera vor flammendem Hintergrund.

Für Christine Theile ist "La Tigressa" eine junge arabische Frau mit Handykamera vor flammendem Hintergrund.

Foto: Museum

"Es würde uns nicht interessieren, die hunderttausendste Variante eines bekannten und schon zu Tode deklinierten Bildes zu präsentieren", sagt Marianne Pitzen, die Direktorin des Bonner Frauenmuseums.

In ihrem Hause nähert man sich der Mona Lisa zurzeit von einer anderen, bisher wenig beachteten Seite. Im Mittelpunkt der Ausstellung, an der rund 40 Künstlerinnen beteiligt waren, stehen die Zweifel an der traditionellen Zuschreibung der Mona Lisa als der florentinischen Kaufmannsgattin Lisa del Giocondo. Die Historikerin Magdalena Soest identifizierte die Dargestellte vor etwa zehn Jahren als Caterina Sforza (1463-1509) und publizierte vor kurzem ihre Forschungsergebnisse.

Als schön, grausam und klug wird die Renaissancefürstin mit dem Beinamen "La Tigressa" von Zeitgenossen bewundert und gefürchtet. Gegen Ende ihres bewegten Lebens muss sie sich Cesare Borgia geschlagen geben und kann nach einjähriger Haft aus der Engelsburg in Rom verkleidet nach Florenz fliehen. Dort trifft sie 1503 auf Leonardo, der ihr Inkognito wahrt und sie malt. Ob Caterina Sforza nun tatsächlich die Mona Lisa ist oder nicht, beschäftigte die Künstlerinnen im Frauenmuseum nur am Rande. Allein die Möglichkeit von neuen Spekulationen setzt die Fantasie in Gang. Dabei sind nicht alle Künstlerinnen der "Mona Lisa-Falle" entkommen und konnten der Versuchung einer Identifikation mit dem Objekt der Betrachtung widerstehen. Kann man machen, ist aber nicht besonders spannend.

Hierzu könnte die Installation von Mo Kleinen gleich zu Beginn der Ausstellung, in der Lebendmausefallen auf Fotos montiert wurden, den passenden, etwas ironischen Kommentar liefern. Besonders gelungen, hinsichtlich einer wirklich aktuellen Interpretation des Stoffes ist die Darstellung der "Tigressa" von Christine Theile. Die Tigerin taucht dort als junge arabische Frau vor flammendem Hintergrund auf. Ihre Waffe ist die Handykamera. Eine künstlerisch-kritische Beschäftigung mit der Epoche, vor deren Hintergrund man Caterina Sforza verstehen muss, bringt ebenfalls anregende und zum Teil sehr sinnliche Ergebnisse.

Marianne Pitzen lässt in einem Aufmarsch unter anderem den Nepotismus, die Vetternwirtschaft der Zeit lebendig werden. Marlen Seubert, die die damalige Damenmode eingehend studiert hat, zeigt modellartige Kleidobjekte aus Lammdarm, die wie eine zweite Haut den Körper umspannen. Und während Irene Naef in leuchtenden digitalen Bildmontagen die Historie belebt und Barbara Kroke in den kräftigen Farben der Renaissance schwelgt, kommt Jutta Tutzauer aus der anderen Ecke und erinnert mit einer üppigen Installation aus Porzellan-Etageren an die Maßlosigkeit päpstlicher Gelage. Der gedankliche Sprung zur überbordenden Festtafel von heute ist dann nicht mehr weit.

Frauenmuseum, Im Krausfeld 10; bis 10. März, Di-Sa 14-18, So 11-18 Uhr, Katalog 15 Euro. Am 3. Februar um 15 Uhr stellt sich Leonardo-Forscherin Magdalena Soest der Diskussion.

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