Bach mit brillanter Technik Anne-Sophie Mutter in der Kölner Philharmonie

Köln · Anne-Sophie Mutter ist der Superstar an der Geige. Auch bei ihrem Konzert in der Philharmonie überzeugte sie mit Stücken zwischen Moderne und Barock. Eine Konzertkritik von Johannes Zink.

Breiter auffächern kann man ein Konzertprogramm kaum, als das, was die Geigerin Anne-Sophie Mutter Montagabend in der Philharmonie gespielt hat. Von Penderecki bis Bach spannte sich der Bogen zwischen Moderne und Barock. Eine Moderne freilich, die in Pendereckis Musik kaum provoziert.

Offenbar hat der Altmeister in seinem Spätwerk den Rückwärtsgang eingelegt. Seine großformatige, für Anne-Sophie Mutter komponierte zweite Violinsonate ist interessant, klingt aber mit ihren lyrischen Passagen im Wechsel mit perpetuum-mobile-Unruhe eher nach spätem Schostakowitsch als nach Musik von 1999. Mit Lambert Orkis saß Mutters kammermusikalisches Alter Ego am Klavier, wie bei der Uraufführung 2000. Der Abend hatte begonnen mit Pendereckis Duo für Violine und Kontrabass (Roman Patkoló).

Ein schönes, fragiles Gebilde von 2010, noch später also, und noch altersmilder. „The Fifth Season“ von André Previn erwies sich danach als munteres Allerlei zwischen Brahms und Jazz, mit reichlich Kadenzen, in denen er der Solistin goldene Bälle zuwirft. Seit 2006 gehen Mutter und Previn im Privaten getrennte Wege, aber scheinbar weiß er noch gut, womit er seiner Ex-Frau eine Freude machen kann. Erst im März 2018 wurde das Stück in der Carnegie Hall uraufgeführt.

Einer der besonderen Momente dieses an Höhepunkten nicht armen Abends war Mutters Interpretation von Bachs zweiter Violinpartita. Ihr energiegeladenes Spiel tut dem Stück in allen Sätzen gut. Bis auf die Sarabande natürlich ging sie alles betont zügig an, die stark nach außen gekehrte Virtuosität der Giga nahm man ihr hauptsächlich auch deshalb ab, weil Mutters Spiel in solchen Extremsituationen nichts an Unangestrengtheit und geradezu katzenhafter Geläufigkeit verliert.

Dass der gut besetzte Saal schon hier applaudierte, war nachvollziehbar. Da stand die finale Ciaccona noch aus. Man kann diesem Kronjuwel der Geigenliteratur keinen besseren Dienst tun, als es so zu spielen, wie Mutter das tat: mit brillanter Technik, sparsam dosiertem Vibrato und bis auf Ausnahmen konsistentem Tempo. Sie hat keine gewaltsamen Deutungsversuche unternommen, umso mehr diese Musik aus sich selbst sprechen lassen.

Mozarts Sonate KV 304 stand noch mit auf dem Programm. Eher Klaviersonate mit Violinbegleitung bot sie Lambert Orkis Gelegenheit, aus seiner dezenten Hintergrundrolle unaufdringlich herauszutreten.

Eigentlich bestünden ja alle ihre Konzertprogramme aus Musik ihrer Lieblingskomponisten, ließ Anne-Sophie Mutter uns nach dem offiziellen Teil wissen. Und zwei ihrer Lieblinge legte sie als Zugaben für den starken Beifall nach: In John Williams' Soundtrack zu „Schindlers Liste“ und dem ersten von Johannes Brahms' „Ungarischen Tänzen“ geizte sie nicht mit Vibrato-Sentiment, was bei diesen Stücken auch völlig in Ordnung geht.

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