Sonntagskonzerts in der Beethovenhalle Alice Sara Ott verzaubert mit Griegs Klavierkonzert

BONN · Dass sie die Tondichtung "Finlandia" von Jean Sibelius zu ihrer inoffiziellen Nationalhymne erkoren haben, ist den Finnen nicht zu verdenken. Schmetternde Fanfaren, schwermütige Streicherweisen und eine kraftvolle Steigerung zur Schluss-Apotheose - das Werk hat alles, was man für die feierlich erhabenen Momente im Leben braucht.

 Barfüßige Klavierelfe: Applaus für Alice Sara Ott.

Barfüßige Klavierelfe: Applaus für Alice Sara Ott.

Foto: Reinbold

Zum Auftakt des 6. Sonntagskonzerts in der Beethovenhalle kostet BOB-Chef Stefan Blunier das schwelgerische Pathos der "Finlandia" aus, ohne sich darin zu verlieren: Rhythmischer Drive gibt den Themen eine scharfe Kontur und macht erst richtig deutlich, was die während der russischen Besatzung Finnlands uraufgeführte Tondichtung sein will: Musik für Helden.

Mit Sibelius` vierter Sinfonie op. 63 verhält es sich, vorsichtig ausgedrückt, etwas anders. Bevor er den Einsatz gibt, fühlt Blunier sich verpflichtet, das Publikum auf die Nebenwirkungen hinzuweisen. Die A-Moll-Sinfonie sei eine harte Nuss, warnt er, düster und depressiv, voller unaufgelöster Dissonanzen und gebrochener Linien, und er wünscht den Zuhörern viel Durchhaltevermögen.

Warum Blunier glaubt, das Bonner Publikum sei ohne eindringliche Vorwarnung nicht in der Lage, Sibelius' Krisenwerk auszuhalten, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls ist das, was dann kommt, nicht halb so schlimm wie es nach der Ansprache des Dirigenten zu erwarten war. Ja, die vier Sätze sind überaus herb und kommen nur selten aus dem dunklen Kolorit heraus.

Doch nach dem energiegeladenen Anfang gelingt es Blunier immer wieder, dem kargen Orchesterklang feine Nuancen abzugewinnen und so Spannung zu erzeugen. Sein Überblick macht auch da Zusammenhänge und Entwicklungen nachvollziehbar, wo die Strukturen völlig zerrissen wirken.

Um das Publikum mit einem versöhnlichen Abschluss auf den Heimweg zu schicken, lässt Blunier auf das resignative Ende der Sinfonie die Zugabe folgen: Mit Hugo Alfvéns Elegie auf Gustav Adolf II. ist alles wieder in schönster, spätromantischer Ordnung.

Das größte Vergnügen des Abends bleibt jedoch Griegs A-Moll-Klavierkonzert mit der Solistin Alice Sara Ott. Die zierliche barfüßige Klavierelfe scheint direkt aus Griegs Sagenwelt entsprungen, ist aber nicht nur deshalb die Idealbesetzung für den Solopart. Ott kann alles: Die kraftvolle Geste der abstürzenden Akkorde zu Beginn und der brillant auf den Höhepunkt zusteuernden Kadenz beherrscht sie ebenso wie das duftige Farbenspiel des Adagio.

Mag sie das Grieg-Konzert auch schon unendlich oft gespielt haben, sie genießt es in vollen Zügen. Otts Arpeggien und Triller, aber auch die zarten Piano-Passagen sind so federnd und fein modelliert, dass das BOB im direkten Vergleich manchmal etwas grobschlächtig agiert. Davon abgesehen hören Solistin und Orchester sehr aufmerksam aufeinander und sind gut ausbalanciert, so dass der elektrisierende Springtanz des Finales ungefährdet dem pompösen Schluss entgegenstürmt.

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