Alanis Morisette am Kölner Tanzbrunnen in Bestform

Beim Konzert der Kanadierin hält es kaum einen auf den Stühlen

Alanis Morisette am Kölner Tanzbrunnen in Bestform
Foto: Thomas Brill

Köln. Seit Yoko Ono und John Lennon gibt es die Theorie, dass Rockmusik und glückliche Beziehungen nicht zueinanderpassen.

Wie zum Beweis des Umkehrschlusses ist Alanis Morissettes jüngstes Album "Flavors of Entanglement" nicht nur lyrisch stark von der Trennung von ihrem Verlobten Ryan Reynolds geprägt, sondern auch ihr bestes und aggressivstes Werk seit einer ganzen Dekade.

Man durfte gespannt sein, wie viel von dieser Energie sie auf die Bühne des Kölners Tanzbrunnens transportieren würde. Eine erste Enttäuschung gleich zu Beginn, noch vor dem ersten Ton: Es ist ein Sitzkonzert. Ein großer Teil der 2 000 Besucher ist auf Stühlen zu einem akkuraten Halbkreis angeordnet, während der stehende Rest Abstand halten muss. Was für ruhigere Konzerte gut sein mag, erweist sich an diesem Abend schon mit dem ersten Song als unangemessen.

Auf ein so kurzes wie wirkungsvolles Intro der charismatischen Begleitband folgt ein gewaltiges "Uninvited", das sich nach einem leisen, dunklen Beginn zu einem dynamisch perfekt ausbalancierten Gewitter aus donnernden E-Gitarren verdichtet.

Während Alanis selbst mit fliegenden Haaren und gemeinsam mit ihren Musikern über die Bühne wirbelt, hält es schon zu diesem frühen Zeitpunkt kaum noch jemanden auf den Sitzen. Letzte Zweifel daran, dass es ein guter Abend wird, werden mit explosiven Versionen von "All I Want" und "8 Easy Steps" beseitigt.

Ein erster Ruhemoment ist die vom neuen Album stammende, ganz und gar wundervolle Ballade "Not As We". Eine gute Gelegenheit, den makellos phrasierten, Töne wie emotionale Nuancen sicher treffenden Gesang und auch die Ausstrahlung der Kanadierin zu bewundern, die einerseits stets ein wenig entrückt wirkt, andererseits trotz sehr knapper Ansagen nie auch nur für einen Moment den Kontakt zum Publikum zu verlieren droht. "Citizen Of The Planet" zeigt dann mit schneidenden Gitarrenriffs und deutlich hörbaren Elektro-Einflüssen die andere Seite von "Flavors Of Entanglement".

Beeindruckend, dass in ihrem Charakter völlig andere, ältere Stücke gleichermaßen überzeugend sind. "Head Over Feet" mit seiner fröhlichen Mundharmonika zum Beispiel oder die unvermeidlichen, ganz zum Schluss gespielten "Ironic" und "Thank U", denen der Staub der Routine nichts anhaben konnte. Genauso wenig wie dem Enthusiasmus der Fans, die jeden dieser Songs mit auffallend geübt klingendem Gesang begleiten.

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