Palladium in Köln 3000 Fans lauschen der britischen Pop-Ikone Morrissey

KÖLN · Am Ende wird die Queen einmal mehr für tot erklärt, am Anfang die Parole "Kunst! Kunst! Kunst!" ausgegeben und dazwischen, so drastisch wie eh, auf der Leinwand verbildlicht, warum Fleischesser Mörder sind.

 Sänger Morrissey in Köln.

Sänger Morrissey in Köln.

Foto: Thomas Brill

Auch wenn sie sich nicht selbst die Hände mit Tierblut beflecken, sondern das dem Schlachthof überlassen. Bei Morrissey alles wie gehabt?

Nein. Diesmal hat niemand, so wie im vergangenen Jahr in Essen, die Bühne gestürmt, und das Konzert wurde auch nicht vorzeitig abgebrochen. Gleichermaßen charmant und militant bezaubert der 56-jährige Brite am Donnerstagabend rund 3000 im Palladium, bleibt dabei aber meinungsfreudig.

So wird der Song "The Bullfighter Dies" vom letzten Album "World Peace Is None of Your Business" (2014) von der Ermahnung "Do not forget the shame of Spain!" ("Vergesst nicht die Schande Spaniens!") begleitet, an der Imbissbude gibt's statt Frikadellen und Würsten vegane Lasagne und vegetarische Pizza, und dass die Welt ein Ort voll von entsetzlichen Langeweilern, wenn nicht gar Dummbeuteln ist, belegt ein Foto der schafsnasig dreinblickenden Jung-Royals Kate und William. Wobei letzteres auch schon zu den Regularien zählt.

Wem all das wurscht ist, weil er sich nicht gerne vor einen ideologischen Karren spannen lässt, kommt in fast auf die Sekunde exakt neunzig Minuten, inklusive einer Zugabe, trotzdem auf seine Kosten.

Der Reigen reicht von "Suedehead", der ersten Single von Morrisseys erstem Soloalbum "Viva Hate" (1988), über weitere Hits aus der Zeit ante The Smiths (deren Frontmann Morrissey bis September 1987 war) bis hin zu den wenigen Beispielen aus jener glorreichen Ära, die so stilbildend wie keine andere war. Bei "What She said" (1985) ist die ganze Halle kurz davor, kollektiv in Tränen des nostalgischen Glücks auszubrechen.

Doch auch Stücke wie "I'm Throwing My Arms Around Paris" besitzen diesen ganz besonderen Schmelz und dieses mild-melancholische Timbre, dass den Mann mit dem markanten Gesicht noch immer zur goldenen Stimme des Vereinigten Königreichs macht. Mag er dessen Regenten auch noch so sehr verachten. "Kiss Me A Lot" verlangt Morrissey, bekennt nach lyrischem Pianovorspiel "Yes, I am Blind", und wenn "Every Day Like Sunday" ist, dann ist dieser Donnerstag ein ganz besonderer Sonntag.

Außer Neu-Isenburg war Köln die einzige deutsche Station. Der Jubel dort kann kaum größer gewesen sein. Besonders dann, wenn dem Sänger zum Schluss ein "I Love You" von den Lippen kommt. Einer, der so felsenfest wie er zu seinen Überzeugungen steht, hat es nicht nötig, zu lügen.

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