Sommerfestival 2019 So wird "Hair" in Köln

Köln/London · Dauerbrenner mit Denkanstößen: Das Musical gastiert ab Ende Juli in der Philharmonie.

 Peace, Love and Happiness: Szene aus dem Musical „Hair“.

Peace, Love and Happiness: Szene aus dem Musical „Hair“.

Foto: Johan Persson

Im Jahre 1965, als der erste US-amerikanische Soldat die Schlachtfelder von Vietnam betrat, waren Daisy, Jake, Marcus und Paul noch nicht geboren. Und auch 1968 noch nicht, als das Musical „Hair“ am Londoner Shaftsbury Theatre seine West-End-Premiere erlebte. Die jungen Briten sind Kinder der ausgehenden 1980er- und frühen 1990er-Jahre. Daisy Wood-Davis (28), Jake Quickenden (30), Marcus Collins (31) und Paul Wilkins (25) spielen vier der Hauptrollen in „Hair – The Musical”. Die Neuproduktion zum 50. Jubiläum ist seit 2018 auf Tour. Schon bald, vom 30. Juli bis 4. August, gastiert die Show um Peace, Love and Happiness im Rahmen des 32. Kölner Sommerfestivals in der Kölner Philharmonie.

Wood-Davis, Quickenden und Collins spielen Sheila, Berger und Hud, drei Mitglieder einer Gruppe von Hippies in den USA der späten 1960er-Jahre. Wilkins verkörpert Claude, der zu ihnen stößt, was sein Bewusstsein, nicht nur durch Drogen, verändert. „Ich kannte ,Hair' vorher überhaupt nicht“, sagt Quickenden, „das war eine völlig neue Welt, in die ich hineinfinden musste. Ich habe dann schnell entdeckt, dass es viele Parallelen zu heute gibt. Die Show ist voll von Sachen, für die wir heute noch kämpfen: Wir kämpfen gegen Rassismus, gegen den Krieg, für die Rechte von Homosexuellen.“

Er selbst kommt aus einer Familie mit Militärtradition. Sein Vater hätte es gern gesehen, dass er auch Soldat geworden wäre, wie sein Bruder und sein Cousin: „Ich könnte nie jemanden töten. Einer meiner Freunde war in Afghanistan, er leidet unter posttraumatischem Stress, sein Leben ist komplett zerstört. Auch von meiner Schule sind viele später in die Armee gegangen, bei uns auf der Schule herrschte ein raues Klima, es ging nicht sehr akademisch zu. Die Leute waren nicht so privilegiert.“

Wilkins, der als Claude einen Einberufungsbefehl für Vietnam erhält, kann sich ebenfalls nicht vorstellen, jemals zur Waffe zu greifen: „Dafür bin ich ein viel zu empathischer Mensch. Bei jedem Krieg, der auf der Welt stattfindet, sollte man sich fragen: Wofür wird da eigentlich gekämpft und gestorben?“ Die knappe Zeit bis zum Beginn der Proben hat er genutzt, Schriften von Timothy Leary (einem Guru der Hippie-Bewegung) zu lesen und sich Filme über den Vietnamkrieg anzusehen: „Der Vietnamkrieg ist regelrecht glorifiziert worden, da war viel Propaganda im Spiel.“

Collins, der im Musical Hud spielt, der leidenschaftlich für die Rechte von Schwarzen eintritt, kannte vorher nur die Musik: „Ich habe mich gefragt, wo mich das hinführen wird. Und es hat mich in eine komplett andere Richtung geführt, als ich jemals erwartet habe. Ich habe zu mir selbst gefunden, zu meinen Wurzeln.“ Collins wurde in Liverpool geboren. „Aber meine Vorfahren waren Sklaven. Als ich mich mit dem Civil Rights Movement auseinandergesetzt habe, hat mir das die Augen geöffnet.“

Luftige Hippie-Kostüme

Wood-Davis, sagt, sie sei froh, dass sie damals, als Frau, nicht hätte nach Vietnam gehen müssen. Dafür macht sie derzeit auf der Bühne die positive Erfahrung, „wie leicht und luftig diese Hippie-Kostüme sind“. In anderen Musical-Rollen, unter anderem in der „Rocky Horror Show“ im Kölner Musical Dome, sei es ihr anders gegangen: „Aber die ganze Zeit bei ,Hair' barfuß zu sein, war gewöhnungsbedürftig.“

Auch fürs Publikum hält der Musical-Dauerbrenner mit so legendären Songs wie „Aquarius“, „Hair“ oder „Let The Sunshine In“ viele Denkanstöße bereit. So hat Regisseur Jonathan Boyle seine Jubiläumsfassung mit neuen Szenen, Dialogen und Einspielungen versehen. Wenn Sätze wie „Make America great again“ erklingen, wirkt der Abstand von 50 Jahren gar nicht mehr so groß. Auch Themen wie Umweltzerstörung oder Rassismus haben bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren. Sie sind eher noch brisanter geworden.

„Hair – The Musical“, Dienstag, 30. Juli, bis Sonntag, 4. August, in der Kölner Philharmonie, Goldgasse 1. In englischer Sprache. Karten bei Bonnticket.de

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