Neues Buch "Golden House" Salman Rushdies amüsantes Panorama der amerikanischen Gesellschaft

Köln · Salman Rushdie hat seinen Roman „Golden House“ bei der lit.Cologne Spezial vorgestellt. Donald Trump findet er "verrückt".

 Zufriedene Gelassenheit: Salman Rushdie in Köln. FOTO: THOMAS BRILL

Zufriedene Gelassenheit: Salman Rushdie in Köln. FOTO: THOMAS BRILL

Foto: Thomas Brill

Nennt mich Ishmail“, lautet der erste Satz in Herman Melvilles „Moby Dick“. Salman Rushdie, der Vergleiche mit den Göttern der Moderne nicht scheut, stellt seinen Erzähler mit den Worten „Nennt mich René“ vor. Eine Wendung, die verrät, dass hier jemand nicht unter seinem wahren Namen spricht. Ungeklärte Identitäten sind auf vielerlei Weise das Thema unserer Tage.

Rushdies Roman „Golden House“ erzählt von einem märchenhaft reichen Mafioso, der mit seinen drei Söhnen in New York ankommt und von seinem jungen Nachbarn René, einem Filmemacher, beobachtet wird. „Ishmail ist in Melvilles Roman der einzige, der nicht besessen von der Jagd nach dem Wal ist, und er ist der einzige, der überlebt“, erklärt Rushdie, und nicht anders ergeht es René. Soviel gab Rushdie seinem Publikum immerhin preis, das im Rahmen der lit.Cologne Spezial den Großen Sendesaal des WDR-Funkhaus füllte.

Sylvester Kroth, der schon manchem TV-Kommissar seine Gestalt verliehen hat, las mit weicher, schleifender Stimme Passagen aus dem Roman, der wie kein anderes Werk des Booker-Preisträgers Elemente der Kriminalliteratur enthält. Bernhard Robben konnte mit seiner pointierten Moderation Rushdie das Geheimnis der Entstehung des Buches entlocken. „Die Initialzündung fand im Jahr 2008 statt, nach den Terroranschlägen in meiner Heimatstadt Bombay“, erinnert sich Rushdie.

Verhöhung von Donald Trump

„Damals stellte man sehr schnell eine Verbindung zwischen den Terroristen aus Pakistan und den örtlichen Mafiabossen her, die bei der Organisation der Anschläge behilflich waren“. Dass etliche von ihnen der indischen High Society angehörten, findet Rushdie bemerkenswert.

Der Roman spielt jedoch in New York, wo Rushdie inzwischen lebt. René beobachtet die Machenschaften der Familie Gold und erlebt, wie der alte Nero Gold von einer schönen, jungen Russin geheiratet wird, die auch ihn in ihre Aufstiegspläne einbindet. Mit ihr erhält der Roman eine Gestalt, die ganz in ihrer bösen Berechnung aufgeht, von den Lesern in aller Welt aber geliebt wird, wie Rushdie schmunzelnd berichtet. Dass sie offenbar genau dem Typus von „Coolness“ entspricht, den man heutzutage bewundert, überrascht sogar ihn.

Von der Kritik ist Rushdie für seine allzu deutliche Verhöhnung von Donald Trump gerügt worden, den er im Buch mit dem grünhaarigen Joker aus den „Batman“-Comics vergleicht.

Rushdie wollte sich diese Gelegenheit zur Satire aber nicht entgehen lassen. „Dumm“ wäre es seiner Ansicht nach gewesen, die Umkehrung der Werte durch Trump und jenen Teil des Landes zu akzeptieren, „der genauso verrückt ist wie er“.

Wie eine denkende Kamera

Es sind nicht nur die Cartoons als Teil der Populärkultur, mit denen Rushdie sein überaus amüsant zu lesendes Panorama der amerikanischen Gesellschaft entwickelt. Die Konzeption seines Erzählers, der zunächst von ihm als Autor angelegt war, spielte eine Schlüsselrolle. Eines Nachts erinnerte er sich jedoch an den Rat eines Freundes. „Schreib nie über einen Schriftsteller, der beschreibt, wie er schreibt!“, lautete die Warnung, und aus René wurde ein Filmemacher. „Sofort öffnete sich das Buch für mich“, erklärt Rushdie. Denn nun konnte er es szenisch wie ein Drehbuch entwickeln. „René wird zum Auge des Romans. Sein Blick funktioniert wie eine denkende Kamera.“ Rushdie bekennt sich zu seiner tiefen Verehrung für Alfred Hitchcock, von dessen Methode der Suspense er gelernt habe.

„Sein Film ‚Das Fenster zum Hof‘ verbirgt sich hinter dem Roman“, erklärt er, und erstmals an diesem Abend bricht die zufriedene Gelassenheit des Salman Rushdie auf, der begeistert von jener lebenslangen Faszination für das Kino erzählt, die ihm das Schreiben des Romans in der Rekordzeit von zweieinhalb Jahren ermöglichte.

Salman Rushdie: Golden House. Deutsch von Sabine Herting. C. Bertelsmann, 512 S., 25 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Aus dem Ressort