Konzert in Köln Philipp Poisel begeistert seine Fans

Köln · 14 000 Fans sind zu Philipp Poisel in die Kölner Lanxess Arena gekommen. Seine Stimme und seine Stücke treffen perfekt den Ton der neuen deutschen Verletzlichkeit.

 Ein Star gibt Rätsel auf: Philipp Poisel in Köln. FOTO: BRILL

Ein Star gibt Rätsel auf: Philipp Poisel in Köln. FOTO: BRILL

Foto: Thomas Brill

Am Samstag erlebten 14 000 Fans in Köln ein tolles Konzert mit Poisel und seiner Band. Aber besser ist es, man schließt dabei die Augen. Viele der ineinander verkuschelten Pärchen und selig lächelnden Freundinnen, die sich die Händchen halten, tun das auch. So können sie trefflich in Stücken schwelgen, die flehen „Geh nicht“ oder fragen „Wo fängt dein Himmel an“ oder fordern „Halt mich“. Gitarre (Poisel), Bass, Schlagzeug und Keyboard verleihen dem musikalisch ein solides Fundament, bei Bedarf wird noch mit drei Streicherinnen und mit bis zu vier weiblichen Stimmen aufgestockt.

Dazwischen erzählt der Sänger mit dem Fransenhaarschnitt, wie es dazu kam, dass er heute doch Romane liest („Mein Vater hat sich drei Tage mit Robinson Crusoe eingeschlossen – da dachte ich, da muss ja was dran sein“) oder wie aufregend es war, nach Nashville, Tennessee, zu reisen („Wir haben Kaffee und Whisky und ich-weiß-nicht-was getrunken“). Dass er dabei leicht haspelig rüberkommt, macht ihn nicht unsympathischer.

Seine Stimme und seine Stücke treffen perfekt den Ton der neuen deutschen Verletzlichkeit. Die derzeit so angesagt ist, dass man damit sogar in den deutschen Top Ten landen kann. Und später Arenen füllen. Macht man die Augen auf, hat man häufig das Gefühl, sich im falschen Film zu befinden. Klar. „San Francisco Nights“ mit Bulli und Hippie-Mädels oder ein skatender Sänger nebst Super Mario bei „Zum ersten Mal Nintendo“ – das passt.

Aber warum Tannenbäume beim Lied vom Himmelsanfang? Wieso muss sich zu „Mit jedem deiner Fehler“ eine weiße Sperrholztänzerin um die eigene Achse drehen? Und was hat „Erkläre mir die Liebe“ mit Lippenstift oder Flamingos zu tun? Kulissenschieber bekifft? Video-Regie im Paralleluniversum? Ganz und gar schräg wird es bei „Das kalte Herz“. Wer weder das Märchen von Wilhelm Hauff kennt, noch die Fantasy-Verfilmung vom Herbst 2016 (Titelsong von Poisel), glaubt angesichts der ganzen Konzert-Crew in Trachtenjankern, der Postkartenidylle und den beigesellten Holzsägern auf der Bühne, in der eben gekauften Cola sei versehentlich ein Pillchen versenkt worden.

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