Auftritt von Genetikk in Köln Hip-Hop mit Maske im Palladium

Köln · Das Hip-Hop-Duo Genetikk startet im Palladium in Köln ihren Tourauftakt. Doch die Anzahl der Konzertbesucher enttäuscht, trotz aller Provokationen der Band.

 Auftritt von Genetikk in Köln

Auftritt von Genetikk in Köln

Die Bühne stellt ein Elendsviertel in Brasilien dar. Auf dem fünf Meter hohen Favela-Nachbau bedient ein DJ sein Pult, unten Karuzo und Sikk, erweitert um einen Sidekick. Köln ist der Tour-Auftakt zu ihrem fünften Studioalbum „Fukk Genetikk“, das sie bis auf einen Song an diesem Abend komplett spielen werden. Mutig für ein Duo, das mit zwei wichtigen Alben erfolgreich geworden war und deutlich sichtbar weit außerhalb des Hip-Hop-Kernsegments Anhänger gefunden hat. Für ein Hip-Hop-Konzert ist der Mädchenanteil überraschend groß.

Karuzo und Sikk sind cool. Sicher. Aber was soll die Favela? Eine politische Message? Auf dem Album-Cover sieht man zwei Kinder mit Sturmmaske und Maschinengewehr. Darunter klein geschrieben der Satz: „Today, nine out of ten Kids prefer guns to crayon - neun von zehn Kindern bevorzugen Waffen statt Wachsmalstifte.“ Die Cover-Idee erntete im Netz viel Kritik. Der Vorwurf: Zwei Wohlstandskinder beuten das Elend brasilianischer Kinder zu Marketingzwecken aus.

Eine Kritik, die nur denjenigen zu überzeugen vermag, der die Welt vereinfachend in arm (gut) und reich (böse) teilt. Wenn man die Idee der Favela kritisieren möchte, dann, dass sie weder für das Album noch für das Konzert eine inhaltlich gehaltvolle Klammer zu geben vermag. Die Gesellschaftskritik von Genetikk weht eher wie ein Hauch denn als ein Sturm der Entrüstung durch das Palladium.

Der Liebe zum Geld, dem Hang zum Protz wird weit mehr Raum gegeben. „Geld macht süchtig. Ich will Geld zum Frühstück. So wie Jordan Belfort“ rappen sie. Jordan Belfort, ein Hochstapler, dessen Autobiographie Grundlage für Scorseses „Wolf of Wall Street“ war, ein Vorbild? Der Typ vielleicht nicht, sein Lifestyle ja. Kohle ohne Ende und mal eben einen Lamborghini zu Schrott fahren. Genetikk wissen um die Ambivalenz des Geldes. Geld hilft kreative Ideen verwirklichen. Der Preis – man wird Teil des Cash-Hamsterrades.

Die Saarbrücker geben nicht vor, zu den “Guten“ zu gehören. Sie sind aggressiv, aber ihre Macho-Überhöhungen sind nur ein Teil ihres Seins. Sie wissen, was sie tun. „Diamant“ und „Luzifer“ vom neuen Album sind thematisch und musikalisch weit von Dicker-Hose-Hip-Hop entfernt. Bei „Diamant“ fliegen die Arme auch ohne Aufforderung in die Höhe. Überhaupt, die Stimmung ist gut, auch wenn nicht allen gefällt, dass dem neuen Album so viel Platz eingeräumt wird. Nicht immer springt der Funke über. Zweieinhalbtausend Fans zum Tourauftakt, das ist für Genetikk-Maßstäbe enttäuschend wenig.

Aber gut, da müssen sie durch. Zum Ende, das bereits nach 45 Minuten mit „Trill“ eingeläutet wird, gibt es noch zwei besondere Geschenke. Die beiden mit Hits gespickten Zugabenteile erhören Fan-Wünsche nach ordentlicher Mucke. Wer noch mehr Nähe wollte, der erhielt die Möglichkeit, nach dem Konzert ein Autogramm und ein Selfie von Karuzo und Sikk – natürlich in Masken – zu erhalten. In Fünfer-Reihen warteten gefühlte 600 junge Herzen auf das große Ereignis.

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