Max Giesinger in der Live Music Hall "Alles wird gut in Köln"

Köln · Ein bestens aufgelegter Max Giesinger begeisterte in der ausverkauften Kölner Live Music Hall rund 1200 Fans. Für die Eröffnung seines Konzerts hatte sich Giesinger etwas besonderes ausgedacht.

 Max Giesinger in Köln.

Max Giesinger in Köln.

Foto: Thomas Brill

Max Giesinger ist immer für Überraschungen gut. Es dauert einen Moment, bis alle 1200 Fans in der ausverkauften Live Music Hall bemerken, dass der 28-jährige Sänger das Konzert von der Treppe im hinteren Teil der Halle aus eröffnet hat. Das Lied "Der Junge, der rennt" ist für ihn jedoch kein Anlass, jetzt in Richtung Bühne zu sprinten, sondern ganz entspannt lässt er sich den Weg dorthin bahnen.

Derweil begleitet ihn Begeisterungsjubel, der aufgrund der zahlreich anwesenden weiblichen Fans auch schon mal schriller zu vernehmen ist. Doch Giesinger scheint das Bad in der Menge nicht als Pflichtübung zu verstehen, sondern genießt es mit offener Freundlichkeit in vollen Zügen. Tempo ist bislang nur bei der Entwicklung seiner musikalischen Karriere angesagt.

2012, nachdem er die Aufnahmeprüfung an der Popakademie Baden-Württemberg versiebt hatte, kam der sympathische Karlsruher noch nicht einmal auf`s Siegertreppchen der ersten Staffel von "The Voice of Germany". Heute lässt der Viertplazierte mit Dauer-Airplays seines Hits "80 Millionen" jedoch sämtliche damaligen Mit-Konkurrenten locker hinter sich. Beim rockigen "Barfuß und allein" verlässt er erneut die Bühne und macht Anstalten, jeden Fan persönlich zu begrüßen. "Alles wird gut in Köln", sagt Giesinger, und natürlich wird er Recht behalten.

Er und seine vierköpfige Band präsentieren eine Mischung aus den Alben "Laufen lernen" und "Der Junge, der rennt", das im vergangenen Frühjahr veröffentlicht wurde. Sie trifft aber nur soundtechnisch den richtigen Ton. Mit seinen "Mutmach-Liedern" bewegt sich Giesinger im Mainstream der Singer-Songwriter-Gilde. "Alles wird gut in Kalifornien" singt er in "Kalifornien", und selbst wenn man Kalifornien als Statthalter für einen beliebigen Sehnsuchtsort akzeptieren will, so landet er mit seiner Klischeehaftigkeit zielsicher auf dem Tiefpunkt banaler Einfallslosigkeit.

Wie viele Kollegen bemüht auch er den Trend zum Eskapismus, Hauptsache weg, dann wird alles gut lautet die Erfolgsformel. Auch "Wenn sie tanzt", eine emotionale Situationsbeschreibung einer alleinerziehenden jungen Frau, beschwört den Ausbruch aus einem allzu einengenden Alltagsleben. Das Lied erinnert atmosphärisch übrigens sehr an Cluesos "Chicago".

Dennoch scheinen die Lieder den Nerv der Fans zwischen zwölf und 62 Jahren zu treffen. Sie tanzen, singen inbrünstig mit und applaudieren immer wieder mit erhobenen Armen im Rhythmus. Die Kunst der Animation beherrscht Max Giesinger vermutlich noch aus seiner Zeit als Straßenmusiker. Aus dieser Zeit stammt übrigens auch das Lied "Alles auf Anfang", das weniger glatt und angepasst als seine jüngeren Titel klingt. "Nicht so schnell" heißt ein weiterer Titel, und er könnte nach "Laufen lernen" und "Rennen" tatsächlich programmatisch eine Phase des Innehaltens einläuten. Das musikalische Potenzial Giesingers könnte durchaus mehr inhaltliche Tiefe vertragen. Fraglich ist nur, ob er die seinen jubelnden Fans zumuten will.

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