Im Haus der Bildung in Bonn Nora Bossong liest aus ihrem Roman „Schutzzone“

Bonn · In den Rezensionen zu Nora Bossongs aktuellem Roman „Schutzzone“ tauchte der Vorwurf auf, durch ihre Geschichte ziehe sich vor allem – die Hoffnungslosigkeit. Darauf angesprochen, konterte die Autorin während ihrer Lesung in Bonn.

 Insiderin: Nora Bossong mit Thomas Weiler im Haus der Bildung.

Insiderin: Nora Bossong mit Thomas Weiler im Haus der Bildung.

Foto: Meike Böschemeyer

„Es gibt einen Unterschied zwischen Hoffnungslosigkeit und Desillusionierung. Und desillusionierend ist das Buch. So wie es auch Momente der Hoffnung gibt.“

Eingeladen vom Bonner Literaturhaus, stellt die 1982 in Bremen geborene Schriftstellerin im Haus der Bildung ihr neues Werk vor, das auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis stand. Im Gespräch mit Thomas Weiler, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen in NRW, berichtet Bossong von ihren Impulsen, sich in Prosaform mit den „United Nations“ zu beschäftigen. „Die Vereinten Nationen waren schon immer eine Institution, die mich fasziniert hat“, sagt die Autorin, die auch als kluge Essayistin und Lyrikerin in Erscheinung getreten ist. „Vom Grundgedanken her eine wundervolle Einrichtung, aber wenn man in die Nahaufnahme geht, dann merkt man, wo es überall knirscht und knackt.“

Die Protagonistin Mira arbeitet nach Stationen bei den UN in New York und Burundi im UN-Büro in Genf, wo sie Berichte über Krisenregionen und Friedensmissionen verfasst und zwischen verfeindeten Staatsvertretern zu vermitteln sucht. Auf einem Empfang trifft sie Milan wieder, mit dem sie nach der Trennung ihrer Eltern für einige Monate zusammen lebte. Ein Wiedersehen, das Mira zugleich inspiriert wie irritiert. Als ihre Rolle bei der Aufarbeitung des Völkermordes in Burundi in den 1990er Jahren in Frage gestellt wird, gerät Miras Souveränität ins Wanken – und auch ihr Glaube, sie könne von außen eingreifen, ohne sich selbst schuldig zu machen.

„Ruanda 1994 war der Punkt, an dem die Vereinten Nationen komplett zusammengeklappt sind“, sagt Nora Bossong im Haus der Bildung. „Die Tragik des Scheiterns hat bei einer solchen Institution eine ganz andere Dimension als zum Beispiel bei gescheiterten Tarifverhandlungen.“

Auf der politischen Bühne

Sie habe keinen „rein politischen Thesenroman“ im Sinn gehabt, sondern die Frage, wie „die betroffenen Menschen jeweils mit ihrer Arbeit umgehen“. Wie sie die Schnittstellen zwischen privaten Beziehungen und der großen politischen Bühne gestaltet hat, ist bestechend.

Wie es um die Vergangenheitsbewältigung nach dem Genozid in Ruanda bestellt ist, dazu hat Nora Bossong unlängst folgende Eindrücke vor Ort gewonnen: Dort werde gerade ein „Generationenwechsel propagiert“ – der „gesunde Menschenverstand“ wisse jedoch, dass jene „schrecklichen Erlebnisse“ nicht nach 25 Jahren überwunden seien.

Nora Bossong: Schutzzone. Suhrkamp, 334 Seiten, 24 Euro

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