Sanfte Provokation Neue Ausstellung für Kinder im Kunstmuseum

Bonn · Selten werden Besucher einer Ausstellung derart unumwunden zum Handeln aufgefordert wie derzeit im Kunstmuseum. Kinder und Jugendliche sind Zielgruppe.

 Mitmachkunst: Hier soll gebaut und geschraubt, geplant und ausgeführt werden.

Mitmachkunst: Hier soll gebaut und geschraubt, geplant und ausgeführt werden.

Foto: Kunstmuseum

Selten werden Besucher einer musealen Ausstellung derart unumwunden zum Handeln aufgefordert wie derzeit im Kunstmuseum. Die jährlich von Sabina Leßmann kuratierte Schau, die sich speziell – aber nicht nur – an Kinder und Jugendliche richtet, ist dieses Mal nicht nur prominent platziert, sondern auch als sanfte Provokation gedacht.

Gleich zu Beginn der oberen Ausstellungsräume wird man mit herumliegenden Holzleisten verschiedener Größe und vorgebohrten Löchern, mit Schrauben und Muttern, Tafeln und Kreide konfrontiert. An den Wänden sind Zeichnungen von Christine und Irene Hohenbüchler zu sehen, die mit ihrer Arbeit „Räume im Raum“ die Besucher zur Mitarbeit einladen.

Hier soll gebaut und geschraubt, geplant und ausgeführt werden, um danach die im Spiel entstandenen gerüstartigen Räume weiter spielerisch zu nutzen. Vorgaben machen die Künstlerinnen keine, das Projekt wird begrenzt allein durch die natürlichen statischen Anforderungen – und durch die eigene Fantasie.

Am Abend, wenn die Besucher gegangen sind, wischt das Museumspersonal die Tafeln sauber und löst die Schrauben der gebauten Räume. Was bleibt, ist die Erinnerung daran, die Zeit im Spiel vergessen zu haben. Junge Besucher werden sich vielleicht darüber wundern, dass sie mitten in den Ausstellungsräumen die Kunst nicht nur anfassen, sondern sogar nach Belieben benutzen dürfen, dann aber recht bald losziehen und sich mit dem Material vertraut machen.

Schön und gut, aber ist das Kunst? Diese Frage kommt währenddessen dem erwachsenen Publikum in den Sinn. Ja, wäre die lapidare Antwort, nur anders als gewohnt und abseits einstudierter Kunstrezeption.

Christine und Irene Hohenbüchler, 1964 in Wien geboren, arbeiten als Zwillings- und Künstlerinnenpaar ohne Anspruch auf individuelle Autorenschaft. Mehr noch, in ihren künstlerischen Aktionen beziehen sie oftmals andere Menschen mit ein und verwickeln sie in partizipative Prozesse, die den Konsum von Kunst, so wie wir ihn gewohnt sind, unmöglich machen.

Ohne die Position des unbeteiligten Zuschauers zu verlassen, kann man diese Arbeit nicht verstehen. Das Verstehen liegt im Tun selbst, und dabei wird man auch die Gemeinsamkeit zwischen Kunst und Spiel entdecken und zu würdigen wissen. Das Erschaffen und Befolgen eigener Regeln sind das Privileg und die Freiheit des Künstlers und des spielenden Menschen. Kindern muss man das nicht zweimal sagen, deshalb ist diese Arbeit von Christine und Irene Hohenbüchler vielleicht sogar besonders wichtig für Erwachsene.

Kunstmuseum Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2, Di-So 11-18, Mi 11-21 Uhr, bis 26. August. Familien-Ateliers am 5. August „Origami-Räume“ und am letzten Tag der Ausstellung „Chaos pur!“, jeweils von 11.15-13.15 Uhr.

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