ESC-Vorentscheid Bonnerin Levina singt für Deutschland

Köln · Der deutsche ESC-Vorentscheid gerät zur One-Woman-Show: Die bislang noch recht unbekannte Sängerin Levina dominiert die Konkurrenz. Nun hoffen alle, dass die gebürtige Bonnerin den Schwung mit nach Kiew nehmen kann.

Eine lachende Sängerin, die Deutschland-Flagge in der Hand, auf dem Boden liegt goldener Glitter: Isabella Levina Lueen gibt schon einen ersten Eindruck davon, wie es aussehen könnte, wenn es am 13. Mai 2017 für sie ähnlich gut laufen sollte, wie an diesem Abend in Köln. Den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest hat sie mühelos gewonnen. Und damit Hoffnungen geweckt, dass am 13. Mai - beim ESC-Finale in Kiew - etwas mehr herausspringen könnte als der letzte Platz. Den hat Deutschland zuletzt zwei Jahre in Folge belegt. Mit der Flagge posieren kann sie jedenfalls schon ganz gut.

So richtig fassen kann die 25-Jährige ihr Glück allerdings noch nicht. „Es ist gerade noch ein bisschen Wirrwarr in meinem Kopf“, sagt sie. Die ganz großen Bühnen kennt sie noch nicht. Zwei kleinere Auftritte im Fernsehen, ansonsten viel Musik in Bars, das war es. „Mit sowas habe ich wirklich nicht gerechnet“, sagt sie.

Die Entscheidung fällt früh

Dabei ist es eine ziemlich klare Sache. Beim deutschen ESC-Vorentscheid gingen in diesem Jahr zwar nominell fünf Nachwuchs- Musiker ins Rennen. Aber sowohl Studio-Publikum als auch Jury - die nur kommentierende Funktion hat - legen sich früh auf eine Favoritin fest: Isabella Levina Lueen, die alle nur Levina nennen. Johnny-Cash-Fan Helene Nissen, die mit großer Gitarre auftritt, und Männer-Dutt-Träger Axel Maximilian Feige können noch am ehesten mithalten. Aber bereits vor der letzten Runde steht Levina als Siegerin fest. Offen ist nur noch, mit welchem Lied sie antritt.

„Das hatte jetzt wirklich internationales Niveau“, attestiert ihr Volksmusiker Florian Silbereisen schon nach ihrem ersten Auftritt mit einem Adele-Cover. Nebenbei merkt er zudem an, dass die Sängerin nicht nur in einem Musik-Casting reüssieren könnte, sondern auch bei der Model-Show „Germany's Next Topmodel“.

Auch beim Blick auf den Lebenslauf der neuen deutschen ESC-Hoffnung fällt auf, dass wohl vieles zusammenpasst. Schon als Kind tritt sie in Kindermusicals auf und gewinnt „Jugend musiziert“. Sie hat ein abgeschlossenes Gesangsstudium und studiert in London Musikmanagement. Und sie beherrscht auf der Bühne notfalls auch die große, klassische Geste, die zum ESC gehört wie einst Ralph Siegel.

Komplizierter Abstimm-Modus

Passenderweise heißt der Song, den das Publikum ihr zuteilt, „Perfect Life“. Im Prinzip ist das auch die einzige echte Überraschung des Abends, denn gefühlt liegt lange „Wildfire“ vorne, der zweite Song, der zur Auswahl steht. Beide stammen aus der Feder erfahrener, ausländischer Komponisten. Hinter „Perfect Life“ steckt die Songwriterin Lindy Robbins, die auch schon den Backstreet Boys („Incomplete“) und DJ David Guetta („Dangerous“) zu Hits verhalf.

Um aus fünf Kandidaten und zwei Songs die richtige Kombination zu ermitteln, hatten sich die Produzenten NDR und Raab TV einen etwas komplizierten Abstimm-Modus ausdenken müssen. Überhaupt wurde einiger Aufwand betrieben, um eine Schmach wie 2016 und 2015 zu verhindern, als Deutschland beim ESC mit letzten Plätzen scheiterte. Rund 2000 Bewerbungen wurden gesichtet. Vor allem setzte man voll auf den Lena-Faktor. Die bislang letzte deutsche ESC-Gewinnerin sitzt deshalb in der Jury, auch hinter den Kulissen gibt es viele Überschneidungen mit dem erfolgreichen Lena-Casting 2010.

Lena selbst fällt die Rückblende auf ihren eigenen Vorentscheid allerdings schwer. „Ehrlich gesagt habe ich keine Erinnerung daran“, sagt sie. Sie sei so überwältigt gewesen, dass das Hirn auf Durchzug geschaltet habe. In einen paar Tagen wird man Levina fragen können, ob sie sich noch an die Flagge und den Glitter erinnert. (dpa)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Held ohne Heldenpose
“One Life“ mit Anthony Hopkins Held ohne Heldenpose
Zum Thema
Aus dem Ressort