Vor ihrem Rückzug vom Konzertleben Konzert des Auryn-Quartetts in Bonn

Bonn · Auf Abschiedstournee: Das Auryn-Quartett begeistert im Bonner Arithmeum mit Musik von Brahms und Beethoven

 Bald 40 Jahre zusammen: Das Auryn-Quartett.

Bald 40 Jahre zusammen: Das Auryn-Quartett.

Foto: Auryn

Es wird ein langer Abschied. Das Auryn-Quartett, dessen Karriere 1981 mit dem Gewinn des ARD-Musikwettbewerbs begann, wird sich 2021, zeitgleich zum 40. Jubiläum, aus dem Konzertleben zurückziehen. Kann sein, dass es bis dahin noch einmal in Bonn Station machen wird – kann auch sein, dass nicht. Glücklich also die, die jetzt sein Gastspiel im Arithmeum erleben konnten: hinreißendes Streichquartettspiel inmitten von historischen Rechenmaschinen und abstrakter Kunst.

So gläsern, wie die Heimstätte des Instituts für Diskrete Mathematik ist, so durchsichtig musizierten die vier Werke von Brahms und Beethoven. Wobei „durchsichtig“ nur eine Facette der Interpretation umschreibt. Es klingt schnell nach zerbrechlich oder dünnhäutig. Das kann man vom Klang, den das Auryn-Quartett bietet, wahrlich nicht sagen. Er ist geschmeidig, sonor – nicht zuletzt wegen eines auffällig kernigen Cellofundaments – und auf dezente Weise präsent und dicht. Sorgsam achtet das Ensemble darauf, die Musik wie einen atmenden Organismus zu gestalten, was zum Beispiel im ersten Satz des c-Moll-Quartetts von Brahms eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Erst spät entschloss sich Brahms, Streichquartette zu schreiben: Beethovens Werke standen lange Zeit als auratische Meisterwerke im Weg. Dann aber nahm sich Brahms die „Rasumowsky-Quartette“ mit ihrer ausgetüftelten Verarbeitungstechnik zum Vorbild – und schuf im c-Moll-Quartett ein ebenbürtiges Werk. Aber keineswegs Kopfmusik, sondern bei aller Satzkunst ein äußerst expressives Stück. Und das wurde vom Ensemble auf eine überwältigende Weise dargeboten. Da vereinten sich Tiefsinn und Eleganz. Und der zweite Satz wirkte mit seiner Melodienfülle wie Seelennahrung.

Homogenität des Klangs lernten die vier beim Amadeus-Quartett, Trennschärfe und Individualität der Stimmen beim Guarneri-Quartett. So liest man es auf der Homepage. Dass man beides nun auf einer höheren Stufe vereint, klingt schon fast wie die berühmte Hegelsche dialektische Aufhebung. Im Grunde ackert ja jedes Quartett auf diesen beiden Baustellen. Dem Auryn-Quartett muss man aber bescheinigen, dass es dort unglaublich gute Arbeit leistet. Und nur einem Ensemble, dem das Aufeinander-Hören und Miteinander-Reagieren zur zweiten Natur geworden ist, gelingt eine derart packende Interpretation wie die des cis-Moll-Quartetts von Beethoven. Man ließ sich vom Furor im Finale mitreißen, von der vergnügten Leichtigkeit im Andante anstecken, vom elysischen Zauber des Adagios verführen. Makellos und innig schließlich die Zugabe: das Andante aus Haydns op. 64 Nr. 6.

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