Neues Sketch-Programm Kollegen feiern Premiere im Haus der Springmaus

Bonn · Starke Sketch-Revue der „Kollegen“ im Haus der Springmaus. Das Ensemble blüht immer dann auf, wenn es spitzzüngig sein darf

 Das Gesetz ist klar: Das Vogelhäuschen im Garten von Andreas Etienne ist ein Problem. Szene mit (v.l.) Andreas Etienne, Michael Müller und Andrea Frohn. FOTO: KÖLSCH

Das Gesetz ist klar: Das Vogelhäuschen im Garten von Andreas Etienne ist ein Problem. Szene mit (v.l.) Andreas Etienne, Michael Müller und Andrea Frohn. FOTO: KÖLSCH

Foto: Thomas Kölsch

Manchmal hilft nur Geduld. Oder List und Tücke. Nur nicht ausflippen, schon gar nicht im Bauordnungsamt, sonst wird der Disput um das widerrechtlich gebaute Vogelhäuschen mit seiner diskriminierenden Start- und Landebahn und dem den Rheinpegel bedrohenden Beton-Fundament nur unnötig teuer.

Dann doch lieber ruhig bleiben und warten. Selbst wenn es ein wenig dauert, bis etwas passiert, wie die „Kollegen“ im Haus der Springmaus mit Freude demonstrieren. In ihrem neuen Programm, das am vergangenen Donnerstag Premiere feierte, nehmen sich Andreas Etienne, Michael Müller und Andrea Frohn die Zeit, um auch mal auszuharren. Im Falle eines liegen gebliebenen ICE sogar 30 Jahre.

Der Generationenzug, den das Trio zusammen mit Regisseur Hans Holzbecher auf den Schienen nach und nach zur alleinigen Welt der Fahrgäste mutieren lässt, entspringt einer ebenso skurrilen wie charmanten Dystopie. Die Waggons werden zu Dörfern, die Abteile zu Heimen. Eine faszinierende Idee, die im Rahmen der Sketch-Revue der „Kollegen“ durchaus zu tragen versteht und der ohnehin bemerkenswerten Ansammlung von Satiren, Possen, Zoten und (dramaturgisch leider vernachlässigbaren und textlich banalen) Gesangseinlagen eine weitere Facette hinzufügt.

Dabei blüht das Ensemble immer dann auf, wenn es spitzzüngig sein darf: Wenn Müller und Etienne als von Abfindung zu Abfindung springende Topmanager am Grill über die Bürden des Unternehmertums philosophieren und dabei gnadenlos der Konsumgesellschaft den Spiegel vorhalten, ist das politisches Kabarett vom Feinsten. Aber auch die herrliche Auseinandersetzung Michael Müllers mit einem finnischen Alkoholtest-Automaten, die dieser dank eines Deus-Ex-Machina-Moments und seiner trunkseligen Intelligenz schließlich für sich entscheidet, erweist sich als Zwerchfell-Dauerbeschuss.

Bedauerlich ist dagegen, dass einigen anderen Beiträgen am Ende ein wenig die Luft ausgeht und die Schlusspointe nicht hält, was der Aufbau verspricht. Vor allem ein völlig absurder Sketch im Lehrerzimmer, der sich dank einer esoterisch verklärten Hippie-Dame (Andrea Frohn in ihrer besten Rolle) wie im LSD-Rausch in immer irrsinnigere Sphären schraubt, bleibt letztlich in der Luft hängen. Hier hätte noch etwas mehr kommen können.

Dennoch verspricht die zweite Auflage von „Kollegen“ einen unterhaltsamen Abend mit einigen erstklassigen Kabarettminiaturen, die der Springmaus ausgezeichnet zu Gesicht stehen.

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