GA-Kritik Kinderoper "Brundibar" läuft noch bis Juni in Bonn

Bonn · Mark Daniel Hirsch inszeniert Hans Krásas Kinderoper „Brundibár“ in Bonn. Es ist eine ergreifende Vorstellung, die niemand so schnell vergessen wird

Starke Bilder: Szene aus „Brundibár“ in der Bonner Oper. FOTO: BEU

Starke Bilder: Szene aus „Brundibár“ in der Bonner Oper. FOTO: BEU

Foto: Beu

Hans Krásas „Brundibár“ ist keine gewöhnliche Kinderoper. Hinter der harmlos-kindlichen Fabel von Freundschaft und Zusammenhalt lauert das Grauen der Aufführungsgeschichte: „Brundibár“ wurde von 1943 bis 1945 55 Mal von den Kindern des KZ Theresienstadt auf die Bühne gebracht. Viele Rollen mussten immer wieder neu besetzt werden, wenn ihre Darsteller nach Auschwitz deportiert wurden. Im Foyer der Bonner Oper macht Mark Daniel Hirschs „Brundibár“-Inszenierung mit dem Kinder- und Jugendchor des Theaters Bonn die Hintergründe des Werkes auf eindrucksvolle Weise sicht- und hörbar.

Das komplette Ensemble von Chorleiterin Ekaterina Klewitz liegt zu Beginn stumm und reglos ausgestreckt auf der Bühne. Die Kostüme, Grau in Grau, erinnern an Häftlingskleidung. Dann kommt Schauspielerin Barbara Teuber aus dem Publikum nach vorn. Sie spricht den von Theaterautorin Lisa Sommerfeldt für die Inszenierung geschriebenen Rahmenmonolog „Überleben“, in dem die überlebende Bonner Jüdin Mimi Goldstein ihre Geschichte erzählt: von der Reichspogromnacht bis zur Deportation ihrer Familie nach Theresienstadt, vom Leben und Leiden dort, von der „Brundibár“-Aufführung vor einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes im zu Propagandazwecken aufgehübschten Lager.

Darstellerisch großartige Vorstellung

An dieser Stelle erwachen die grauen Gestalten zum Leben und beginnen zu singen. Susanne Karolina Kilian und Klaus Essler sind Aninka und Pepicek, ein Geschwisterpaar, das auf dem Markt Milch für die kranke Mutter besorgen will. Couragiert und mit viel Ausdruck singen sie die nicht immer einfachen Melodien, später unterstützt von Spatz (Louis Bungartz), Katze (Emily Mrosek) und Hund (Merle Claus), die ebenfalls stimmlich und darstellerisch eine großartige Vorstellung abliefern. Gemeinsam mit anderen Kindern besiegen die fünf den bösen Leierkastenmann Brundibár (Maxim Yurin), der mit Riesenschnauzbart, Stiefelhose und uniformartiger Jacke wirklich furchteinflößend daherkommt.

Am Dirigentenpult hält Ekaterina Klewitz musikalisch alles zusammen; für instrumentale Glanzlichter sorgen unter anderem die erste Geige von Ségolène de Beaufond und Hung-Kuei Chous Klarinettensoli. Um den Chor braucht sich die Leiterin keine Sorgen zu machen, der bewegt sich mit traumwandlerischer Sicherheit durch Gesang und Choreografie.

Am Ende liegen alle wieder am Boden, das in diesem Kontext unheilvolle Geräusch rollender Züge wird immer lauter, und Mimi Goldstein erzählt das Ende ihrer Geschichte. Ihr fiktiver, aber sehr glaubwürdiger Zeitzeugenbericht geht unter die Haut. Nicht ohne Grund ist die Inszenierung erst für Kinder ab zehn Jahren empfohlen. Zum versöhnlichen Schluss darf das Publikum in die Wiederholung des mitreißenden Schlusschors „Brundibár ist besiegt“ einstimmen. Und der Überraschungsauftritt von Cora krönt eine Vorstellung, die niemand so schnell vergessen wird.

Die nächsten Vorstellungen: 26. Mai sowie 6., 13., 14. und 23. Juni

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