"Hart aber fair" JU-Vorsitzender Kuban vergleicht Grüne mit AfD

Düsseldorf · Moderator Frank Plasberg hat am Montag mit Gästen aus Politik und Medien über den bisher nie in dieser Form dagewesenen Erfolg der Grünen diskutiert. Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, fand dabei Gemeinsamkeiten zwischen AfD und Grünen.

 v.l.n.r.: Katharina Schulze (B‘90/Grüne, Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag), Tilman Kuban (CDU, Bundesvorsitzender Junge Union), Juli Zeh (Schriftstellerin und Verfassungsrichterin Brandenburg), Florian Schroeder (Kabarettist und Moderator), Claudia Kade (Journalistin; Ressortleiterin Politik “Welt” und „Welt am Sonntag“)

v.l.n.r.: Katharina Schulze (B‘90/Grüne, Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag), Tilman Kuban (CDU, Bundesvorsitzender Junge Union), Juli Zeh (Schriftstellerin und Verfassungsrichterin Brandenburg), Florian Schroeder (Kabarettist und Moderator), Claudia Kade (Journalistin; Ressortleiterin Politik “Welt” und „Welt am Sonntag“)

Foto: WDR/Thomas Ernst

Darum ging’s:

In Umfragen sind die Grünen so stark wie nie. Werden sie vielleicht sogar bald das Kanzleramt besetzen? Der Vorwurf in der Runde: Das Programm der Grünen klinge gut, sei aber zu vage. Unklar sei vor allem, wie sie ihre Ideen finanzieren wollten.

Darum ging’s wirklich:

Die Sendung schien über weite Teile ein Bühnenstück für zwei Hauptakteure zu sein – die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze, und den Vorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban. Während Schulze versuchte sachlich zu antworten, allerdings oft in der Tat vage blieb, warf Kuban mit Totschlagargumenten um sich und ließ sämtliche Kritik an der eigenen Partei von sich abprallen. Die anderen drei Gäste waren allenfalls mit Ausnahme der Autorin Zeh kaum mehr als Stichwortgeber.

Die Gäste:

  • Katharina Schulze, Die Grünen, Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag
  • Claudia Kade, Politik-Journalistin bei „Die Welt“
  • Florian Schroeder, Kabarettist und Moderator
  • Tilman Kuban, Vorsitzender der Jungen Union
  • Juli Zeh, Juristin und Schriftstellerin

Der Frontverlauf:

Moderator Frank Plasberg zitiert zum Auftakt eine aktuelle Umfrage des Magazins „Stern“. Demnach würde, wenn das Kanzleramt per Direktwahl durch das Volk besetzt würde, der Grünen-Politiker Robert Habeck immer siegen – und zwar vor drei CDU-Vertretern.

Die Frage, ob sie sich Habeck, der neben Annalena Baerbock Bundesvorsitzender der Grünen ist, als Bundeskanzler vorstellen könne, will Katharina Schulze partout nicht beantworten. „Ist es bei den Grünen verboten, über die Kanzlerkandidatur nachzudenken?“, hakt Plasberg noch einmal bei der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bayerischen Landtag nach. „Wir sind diskussionsfreudig“, sagt Schulze, aber sie wolle lieber Inhalte als Personal diskutieren. Es scheint so, als habe sie die Frage in letzter Zeit etwas zu häufig gehört.

Florian Schroeder, Kabarettist und Moderator, sagt, dass die Grünen immer im Ungefähren blieben – ein Konzept und „erstaunliches Erfolgsmodell“, das sie von Bundeskanzlerin Angela Merkel gekapert hätten.

Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, sagt über Habecks Klimastrategie, es stehe groß gute Laune drauf, aber er wünsche sich doch noch mehr Details vom „Gutelaunebär“.

Claudia Kade, Politik-Journalistin der Zeitung „Die Welt“, sagt, die Grünen machten es sich leicht und versteckten sich hinter Überschriften. Sie fordert, dass sich CDU und SPD, anstatt sich ständig nur um ihre eigenen Probleme zu kümmern, einmal hart bei den Grünen nachfragen sollten, wie sich diese die Finanzierung bestimmter Ideen vorstellten.

Die Juristin und Schriftstellerin Juli Zeh, die der SDP nahesteht, sagt, sie habe einen starken Stadt-Land-Unterschied bei der Beurteilung des Erfolges der Grünen wahrgenommen. Tatsächlich würden die Grünen auf dem Land durchaus als „Bedrohung“ empfunden, was sie sehr erstaunt habe – gerade so, als müsse Habeck als möglicher Kanzler auf jeden Fall verhindert werden.

Ohnehin stelle sich die Frage, wirft Plasberg mehrfach ein, wie sich das Konzept der Doppelspitze bei den Grünen – jeweils eine Frau und ein Mann – bei diesem Spitzenamt umsetzen lasse.

Danach gleitet die Diskussion weitgehend in ein Zwiegespräch zwischen Schulze und Kuban ab, nicht zuletzt wegen dessen polemischer Einwürfe. Er sagt zum Beispiel, dass AfD und Grüne gemeinsam hätten, dass sie die Angst nutzten, um Wähler zu gewinnen. Bei der AfD sei es die Angst vor Immigration und Ausländern, bei den Grünen die Angst vor der „Klimaapokalypse“.

Nicht nur Schulze, auch Zeh und Plasberg lassen diesen Vergleich nicht so stehen. „So wie die CDU mit der Flüchtlingsapokalypse?“, stichelt Plasberg gegen Kuban.

Schulze versucht, auf die sachliche Ebene zu kommen: „Politik ist dafür da, Rahmenbedingungen zu verändern.“ Sie fordert wiederholt den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, damit ein Umstieg von Flugzeug oder Auto auf Schiene und Bus überhaupt möglich werden kann, auch in ländlichen Regionen. Auch die Themen Gleichberechtigung und Feminismus spielten bei den Grünen eine große Rolle.

Kuban unterstellt den Grünen dagegen „Verbotsfetischismus“ anstatt konkreter Programme. Nun springt Schroeder dem CDU-Mann bei: „Es gibt keine Partei, die so attraktiv ist für Doppelmoral, wie die Grünen.“ Man könne sich einreden, mit der Wahl der Grünen eine gute Entscheidung getroffen zu haben, und damit gleichzeitig ökologisch fragwürdiges Verhalten schönreden („moral licensing“).

Allgemein beschreibt die moralische Lizenzierung das psychologische Phänomen, dass Menschen ohne Schuldgefühle eine schlechte Tat vollbringen können, wenn sie zuvor etwas Gutes getan haben.

Die Autorin Zeh, die neben Grün und Schwarz noch am häufigsten zu Wort kommt, wehrt sich dagegen, dass die Entscheidungen des Einzelnen – zum Beispiel für oder gegen einen Kaffee zum Mitnehmen im Plastikbecher – überhöht würden. So als wäre jeder Einzelne mit seinen Entscheidungen dafür verantwortlich „die Welt zu retten“.

Die Verantwortung dürfe aber nicht nach unten abgegeben werden. Stattdessen müssten auf höherer Ebene – der Politik – die vielzitierten entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Dieser Text ist zuerst bei RP Online erschienen.

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