Punkrocker in der Lanxess Arena Green Day können es noch immer

Köln · Die amerikanische Band verausgabte sich am Montagabend mit einem zweieinhalbstündigen Konzert vor 16 000 Fans in der Köln-Arena.

 In bester Stimmung: Green-Day-Frontmann Billie Joe Armstrong.

In bester Stimmung: Green-Day-Frontmann Billie Joe Armstrong.

Foto: Thomas Brill

Zu Ennio Morricones „The Good, The Bad and the Ugly“ stürmen Green Day die schmucklose schwarze Bühne der Lanxess-Arena, von 16 000 Fans begeistert empfangen. Wer saß, steht jetzt. Wer im Innenraum stand, schwenkt die Arme.

Sollte der gewählte Titel mehr als eine musikalische Liebhaberei sein, könnte er vielleicht bedeuten: „Wir wollen das Leben in all seinen Facetten feiern. Es ist gut, schlecht und eben auch hässlich.“ Ganz schön hässlich wurde Sänger Billie Joe Armstrong vor fünf Jahren zu seinen Fans. Er beschimpfte sie in einem Wutausbruch. Es folgte der Besuch einer Alkohol-Rehabilitationsklinik. Wie es scheint, eine der erfolgreicheren Behandlungen.

Billie Joe, mit 45 Jahren im besten Papa-Alter, sieht von Weitem wie sein eigener Sohn aus, der übermütig von Monitoren hüpfend über die Bühne tollt. Wenn Punkrock ein Jungbrunnen ist, sollte man sich schnell eine Gitarre kaufen und sie mit wenigen Akkorden mächtig scheppern lassen.

Solche Gedanken wird der junge Mann, dem Joe seine Gitarre überlässt, nicht gehabt haben. Aber Gitarre spielen, das hatte er schon gelernt. Die Powerakkorde hämmert er gut raus. Dafür darf er das edle schwarze Stück behalten. Der Junge kommt aus Düsseldorf – da raunt es mächtig im Innenraum. „Du scheinst hier viele Freunde zu haben“, frotzelt Billie, der die Städte-Animosität gekonnt aufgreift. Seit 1991 spielen Green Day in Deutschland. „Und es wird immer besser. Ich bin so dankbar!“ Immer wieder ruft er „Deutschland“, „Köln“ oder „Hey yo“.

Songs aus fast allen Alben

Über zweieinhalb Stunden durchwühlen Green Day ihren Back-Katalog aus zwölf Studioalben. Frühen Fans der Band schenken sie fünf Stücke aus dem Erfolgsalbum „Dookie“. Nur von „¡Uno!“, „¡Dos!“, „¡Tré!“, den drei Alben aus dem Jahr 2012, hat es kein einziges Stück auf die Setlist geschafft. Der Sound ist satt und hart. Jason White, Jason Freese und Jeff Matika geben dem rauen Klanggerüst mit zwei zusätzlichen Gitarren, Keyboard und Saxofon einen guten Schuss Raffinesse.

Das Drumherum ist auf das Wesentliche reduziert. Keine aufwendige Light-Show, keine Videoinstallationen. Immer mal wieder lodern Flammen empor und es knallt ohrenbetäubend. Die eigentliche Show ist die Musik. Die Extraportion Feeling kommt vom Frontmann Billie, der die Fans mit „Are You Ready“- , „Dance“- und „Let’s Go Crazy“-Rufen immer wieder animieren kann. Dem Aufruf zum Pogen – „Lets get crazy“ – wird trotz aller Begeisterung erst zum Ende des Konzerts Folge geleistet.

Politische Ansagen bleiben selten. Denen, die man „sieht, aber nicht hört“ (vom Titelstück des aktuellen Albums „Revolution Radio“) gibt Green Day kaum eine Stimme. „Wir sind alle Flüchtlinge, wir sind keine Faschisten“ und „Musik verändert die Welt, daran glauben wir ganz fest!“ sind die wenigen Statements, die Billie abgeben will. Gute Musik schafft gute Menschen. Diese Hoffnung bleibt, auch wenn die Zeiten schwierig geworden sind.

Gibt es einen Moment, der sich besonders hervorheben lässt? Eigentlich nicht, weil die kompakte Show voller Höhepunkte wenige Momente zum Verschnaufen lässt, außer man fühlt sich vom dauernden „Hey yo“ gelangweilt. Zwei Momente fallen aus dieser Power-Party-Stimmung heraus. „Holiday“ und „Are We the Waiting“ sind melancholische Hymnen, die die Arena in ein Lichtermeer tauchen. Beim Cover „Knowledge“ von Operation Ivy wagen Green Day einen kleinen Gang ins Jazz-Fach. Das Saxofon spielt angenehm schräge Töne in die Straight-Forward-Dauerbeschallung. Am Ende wird es noch einmal ausgelassen. „American Idiot“ und „Jesus of Suburbia“ sind politisches und musikalisches Statement und „geile Show“. Am Ende runden zwei Akustik-Balladen das Green-Day-Erlebnis ab.

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