Rednerpreis für Hanns Zischler „Er kann nichts machen – außer alles“

Bonn · Der Schauspieler Hanns Zischler hat im alten Plenarsaal in Bonn den Cicero-Rednerpreis 2016 erhalten. Die Jury hat den Schauspieler für seine „ungewöhnlich plastische, bildhaft-sinnliche und abwechslungsreiche Sprache“ ausgewählt.

 Erinnerung an Tante Lalita: Hanns Zischler im früheren Plenarsaal des Deutschen Bundestags.

Erinnerung an Tante Lalita: Hanns Zischler im früheren Plenarsaal des Deutschen Bundestags.

Foto: Thomas Kölsch

Eine gute Rede zu halten ist eine Kunst, die nur noch wenige beherrschen. Umso bedeutsamer erscheint es dem VNR Verlag für die Deutsche Wirtschaft, mit dem Cicero-Rednerpreis jene auszuzeichnen, die sich durch eine meisterhafte Beherrschung des Wortes besonders hervortun. Nun hat eine renommierte Jury den Schauspieler Hanns Zischler für seine „ungewöhnlich plastische, bildhaft-sinnliche und abwechslungsreiche Sprache“ ausgewählt und ihn gestern Nachmittag im Rahmen eines Festakts im früheren Plenarsaal des Deutschen Bundestags gewürdigt.

VNR-Vorstandsmitglied Guido Ems überreichte ihm dazu symbolisch eine Büste des römischen Rhetors, der als Namensgeber für den Preis fungiert. Der 68-Jährige entspreche dem „Ideal des Ciceronianischen Orators in seltener Vollständigkeit“, heißt es in der Begründung der Jury: „Universal gebildet, empfindlich gegen Lüge und Unrecht und mit einer Beredsamkeit begabt, die von sachlicher Argumentation bis zu hinreißendem Engagement die Rhetorik in ihrer ganzen Bandbreite beherrscht, dabei aber immer dem Ethos der eigenen Erfahrung folgt.“

Es ist die Liebe zum gesprochenen Wort, die Zischlers Wesen bestimmt, die Liebe zur Poesie in jedem guten Satz, zu berührenden Sprachbildern und eleganten Formulierungen. In seiner Ansprache erinnerte sich Zischler gestern an seine Tante Lalita, die in ihm die Begeisterung für Dichtung geweckt habe. „Die Reime begannen zu tanzen, die Metren schüttelten ihre Starre ab“, beschrieb er ihren Stil, der ihn nachhaltig geprägt habe. Dieses Talent hat auch der frisch gekürte Cicero-Preisträger in seinem Repertoire, zusammen mit einer Neugier auf alles Fremde und Unbekannte. „Er liebt die Poesie der Druckfehler und die Kunst des Übersehenen“, sagte seine Agentin Heike-Melba Fendel in ihrer Laudatio, „er besitzt einen ungestümen Welthunger und Wissensdurst.“ Sie zeichnete das Bild eines Mannes, der sich mit elegant geführter Zunge zu fast jedem Thema äußern könne. „Er kann nichts machen – außer alles“, pries sie ihn.

Zumindest kann er nichts sein außer vieles: Mehr als 220 Film- und Fernsehrollen hat Zischler bislang verkörpert, war suizidaler Ehemann, verbissener SS-Offizier, verschrobener Kommissar und dabei immer, so lobte der langjährige Inhaber des bislang einzigen deutschen Lehrstuhls für Allgemeine Rhetorik an der Universität Tübingen, Gert Ueding, in seiner Festrede, ein „intellektueller Schauspieler“.

„Für mich kann kein Zweifel daran bestehen, dass Cicero der Wahl unseres heutigen Preisträgers applaudiert hätte“, sagte er in seinem spannenden Vortrag über die Geschichte und das Wesen der Rede, zumal auch der römische Jurist die Schauspielkunst für seine Prozesse zu nutzen gewusst habe. Diese Wandlungsfähigkeit hätten beide über die Jahrhunderte hinweg gemein. So kann sich Zischler also mit Stolz in den Kreis der Cicero-Preisträger einreihen, zu denen Odo Marquard, Heribert Prantl, Marcel Reich-Ranicki und Peter Sloterdijk zählen. Der Festakt wurde dem gerecht, bis hin zur brillanten musikalischen Untermalung durch Marialy Pacheco.

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