Ausstellung Düsseldorfer Kunstpalast zeigt „Verrückt nach Angelika Kauffmann“

Der Düsseldorfer Kunstpalast zeigt die Schau „Verrückt nach Angelika Kauffmann“. Sie wollte mehr als die graziöse Eleganz gut dotierter Auftragswerke.

 Angelika Kauffmann
Farbe – Colouring, ab 1778/vor Mai 1780
Öl auf Leinwand, queroval, 130 x 149,5 cm
Royal Academy of Arts, London

Angelika Kauffmann Farbe – Colouring, ab 1778/vor Mai 1780 Öl auf Leinwand, queroval, 130 x 149,5 cm Royal Academy of Arts, London

Foto: Museum Kunstpalast

Dieses Gemälde strotzt vor Selbstbewusstsein: 1794 schuf Angelika Kauffmann ihr „Selbstbildnis am Scheideweg zwischen Musik und Malerei“. Darauf blickt die Künstlerin zwar die Personifikation der Musik an, gleichzeitig aber weist die Symbolgestalt der bildenden Kunst energisch auf den steilen Weg zum Tempel des Ruhms. In dem war die damals 53-jährige Schweizerin längst angekommen, logierte seit Jahren in ihrem Atelier-Palazzo oberhalb von Roms Spanischer Treppe und konnte sich den allegorischen Beweis ihres Doppeltalents wahrlich erlauben.

Schon mit zwölf Jahren hatte das Wunderkind sich selbst als „Sängerin mit Notenblatt“ gemalt, doch das Mädchen entschied sich fürs Malen und machte bald ganz Europa „Verrückt nach Angelika Kauffmann“. So heißt die mit rund 100 Werken, meist Ölgemälden, ebenso üppig wir prominent bestückte Schau, die der Düsseldorfer Kunstpalast neben spendablen Sponsoren besonders seiner Kuratorin Bettina Baumgärtel zu verdanken hat.

Sie forscht seit 30 Jahren über die in Italien ausgebildete, von deutschen Dichtern wie Goethe und Herder verehrte Künstlerin, die zunächst in England reüssierte. Baumgärtels Netzwerk bescherte ihr denn auch spektakuläre Leihgaben: Das ausgestellte Porträt der Prinzessin Augusta durfte sie in den Privatgemächern von Queen Elizabeth besichtigen, und für die vier erstmals außerhalb der Royal Academy of Arts gezeigten Deckengemälde wurde nun sogar ein eigener Tempel in den Bau von Oswald Matthias Ungers gesetzt.

Mit verrenktem Kopf kann man nun ihre Studien zu „Erfindung“, „Zeichnung“, „Komposition“ und „Farbe“  als Stadien eines Gemäldes studieren. Anlass des Werks war die erstaunliche Tatsache, dass Kauffmann Gründungsmitglied der Royal Academy wurde – in einer Zeit, da die „Bildungsfähigkeit von Frauen“ noch angezweifelt wurde. An den Abstimmungen des noblen Gremiums durfte die so Geehrte freilich nur schriftlich teilnehmen…

Die Schau folgt dem Weg dieser Frau zwar chronologisch, zeigt aber gleich im Entree die Exzesse des Erfolgs: Teekannen und Tässchen, Tapeten und Stuck sowie Gebrauchsgrafik fürs traute Heim: alles ist mit Kauffmann-Motiven dekoriert. Kein Wunder, war sie doch die Stilikone des Klassizismus.

Anfangs befeuerten vor allem Porträts ihren Erfolg: Mit „fliegendem Pinsel“ malte sie britische Herzoginnen genauso gern wie den Shakespeare-Mimen David Garrick oder den Altertumsforscher Winckelmann. Und sie gewann sogar das Porträt-Duell mit ihrem britischen Malerkollegen Joshua Reynolds, den sie anspielungsreich als Gelehrten inszenierte.

Doch Angelika Kauffmann wollte mehr als die graziöse Eleganz gut dotierter Auftragswerke. So brillierte sie besonders als Historienmalerin, die mit überlieferten Geschlechterklischees bricht. Ihr Achill ist kein markiger Recke, sondern versteckt sich in Frauenkleidern. Und wenn Admetos die für ihn sterbende Gattin beweint, übernimmt er eine  diesem Genre meist Frauen vorbehaltene Rolle.

Die keineswegs muskulösen, sondern eher zarten Männer wurden damals zum Kummer der Malerin nicht von allen goutiert. Umgekehrt schuf sie „starke“ Frauen, deren Kraft freilich in Tugend, Liebe und Opferbereitschaft lag. So sieht man etwa eine tief betrübte Kleopatra am Grab von Marc Anton. Das wohl schönste Werk der Schau zeigt Agrippina in sich versunken mit der Urne des Germanicus: ein in gedeckten Farben gehaltenes, von allem szenischen Zierrat befreites Bild unsäglicher Trauer.

Auch hier liegt bei aller Virtuosität der Komposition der Fokus der Künstlerin auf dem gemalten Gesicht. Raffael war in dieser Hinsicht ihr Vorbild, dem sie auch in ihren Selbstbildnissen erfolgreich nacheiferte. Wenn sie sich 1787 „im antikisierenden Gewand“ darstellt, wird dieses Werk in den Uffizien von Florenz neben das Selbstporträt von Michelangelo gehängt. Was für ein Ritterschlag.

Bis 24. Mai, Di-So 11-18, Do bis 21 Uhr. Ehrenhof. Katalog im Museum  39,80, im Handel ca. 45 Euro. www.kunstpalast.de. Die Ausstellung wandert danach in die Royal Academy of Arts, London.

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