Junges Theater Bonn "Das letzte Aufgebot" feiert Premiere

Bonn · Das Stück „Das letzte Aufgebot“ hat am Samstag in einer Inszenierung des Theaterchefs Moritz Seibert im Jungen Theater Bonn Premiere. Das Stück thematisiert den sogenannten "Volkssturm" gegen Ende des Zweiten Weltkriegs.

 Konfrontation: Tristan Witzel, Karl Junker, Vincent Wiemer, Oscar Kafsack, Frederik Krischer.

Konfrontation: Tristan Witzel, Karl Junker, Vincent Wiemer, Oscar Kafsack, Frederik Krischer.

Foto: Lisa Wiechert

Und plötzlich sind sie da, die Flugzeuge der Alliierten. Dröhnend mischt sich ihr Motorenlärm in die Sirenen des Fliegeralarms. Eine Handvoll Jungen, sie sind alle gerade einmal 15 Jahre alt, rennt schreiend auseinander, sucht Deckung. Einer von ihnen, Hannes, bleibt wie angewurzelt stehen, starrt in den Himmel. Granatensplitter sausen in sein rechtes Bein, schreiend wälzt er sich auf dem Boden. Seine Freunde stürzen zu ihm, binden die stark blutende Wunde mit einer Jacke ab.

Proben für das Stück „Das letzte Aufgebot“ in einem Hinterhof an der Hatschiergasse. Das Junge Theater Bonn (JTB) thematisiert mit seiner neuesten Produktion (Premiere am Samstag, 1. Juni) den sogenannten „Volkssturm“ gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Schauplatz ist der kleine Eifelort Heimbach im Sommer 1944. JTB-Intendant Moritz Seibert, der das Stück auch inszeniert, hat „Das letzte Aufgebot“ gemeinsam mit den Nachwuchsdarstellern Fabiola Mon de la Fuente (16), Oscar Kafsack (15) und Karl Junker (17) entwickelt und geschrieben.

Die Szenen an jenem Proben-nachmittag gehen an die Nieren. Die Schauspieler aus dem Nachwuchsensemble des JTB entfachen auch ohne Kostüme, Bühnenbild oder Licht- und Toneffekte eine ungeheuer beklemmende, packende Atmosphäre.

Hauptfigur Jakob, gespielt von Oscar Kafsack, ist unter den Jugendlichen im Dorf hoch angesehen, weil er der sportlichste und kräftigste Junge ist. Zu seinen Freunden gehören der empfindsame Walter und Franz, der wie sein Vater ein überzeugter Nazi ist. Jakob liebt heimlich Maria (Fabiola Mon de la Fuente), die Tochter des Bürgermeisters. Bei einem Treffen berichtet ihm Maria von den Vernichtungslagern der Deutschen im Osten. „Ich kann mir das einfach nicht vorstellen“, sagt Jakob. „Niemand kann sich das vorstellen“, entgegnet Maria.

Rassismus auf dem Vormarsch

Nicht nur in Europa, sondern weltweit sind Rassismus, Antisemitismus und diktatorische Strukturen wieder auf dem Vormarsch – „Entwicklungen, wie man sie noch vor zehn Jahren sicher nicht für möglich gehalten hätte“, kommentiert Regisseur Seibert nach der Probe. „Das Theater muss sich diesen gesellschaftlichen Entwicklungen stellen.“ Mit den drei Jugendlichen aus dem JTB-Nachwuchsensemble wurde die Idee ausgearbeitet. Die Teenager recherchierten, lasen Sachbücher, studierten Spiel- und Dokumentarfilme. Und sie besuchten gemeinsam mit Seibert Soldatenfriedhöfe und Heimatmuseen in der Eifel. Besonders intensiv gestaltete sich der Besuch von Burg Vogelsang, dem ehemaligen NS-Ausbildungszentrum.

„Das Gelände von Vogelsang macht auf den Besucher einen gewaltigen Endruck – da entsteht unweigerlich ein Gefühl von Macht“, berichtet Fabiola Mon de la Fuente. „Die haben damals gewusst, wie sie die Jugendlichen packen können, um sie dann zu beeinflussen.“ Warum das Stück eine hohe Relevanz besitzt, das erklärt Karl Junker, der den fanatischen Franz spielt: „Was damals passiert ist, darf nicht in Vergessenheit geraten. Durch das Stück wird deutlich, wie es den Kindern in dieser Zeit ergangen ist – und wie ihr Leben zerstört wurde.“

Für Zuschauer unter 13 Jahren nicht geeignet. Weitere Aufführungen: 2., 7., 8., 12. und 28. Juni. Infos und Karten unter (0228) 46 36 72 oder www.jt-bonn.de

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