Bonner Kunstverein Das Beethoven-Videoprojekt zur siebten Sinfonie noch mal erleben

Bonn · Im Bonner Kunstverein ist wieder Jeremy Dellers Beethoven-Videoprojekt mit Bonner und Kölner Schülern und dem Beethoven Orchester unter Dirk Kaftan zu sehen

 Zaghafte Begegnung: Dirk Kaftan dirigiert das Beethoven Orchester, beobachtet von Schülern. Szene aus dem Video von Jeremy Deller.

Zaghafte Begegnung: Dirk Kaftan dirigiert das Beethoven Orchester, beobachtet von Schülern. Szene aus dem Video von Jeremy Deller.

Foto: Deller

Musiker des Beethoven Orchesters proben unter der Leitung von Generalmusikdirektor Dirk Kaftan Beethovens siebte Sinfonie. Schulkinder bereiten sich auf einen Ausflug vor, basteln Plakate für die Fridays-for-future-Demo, betreten muksmäuschenstill den Probenraum des Orchesters, flitzen dann durch den Raum, tanzen zu den ersten Takten des zweiten Satzes, demonstrieren zum Allegro con brio des 4. Satzes der Sinfonie, der Soundtrack von Jeremy Dellers wunderbarem Video. Zauberhafte Bilder, die nach der Corona-Erfahrung der vergangenen Monate noch entrückter, unwirklicher, noch poetischer wirken. „Wir haben die Schnauze voll“, hat der Turner-Preisträger Deller seinen Film genannt, Beethovens Sinfonie wird da zur Protesthymne für die Kinder und deren Zukunft.

Als Deller Mitte Februar sein 15-Minuten-Video „Wir haben die Schnauze voll“ zusammen mit einer Doku über den Brexit im Bonner Kunstverein präsentierte, waren alle hingerissen. Vier Wochen später musste der Kunstverein wegen der Pandemie schließen. Jetzt ist die bis 5. Juli verlängerte Schau wieder geöffnet. Und zu dem Genuss des Films kommt ein sehr originell gestalteter Katalog hinzu. Dort erfährt man alle Details zu der aufwendigen Produktion. Die Hintergründe werden in einem lesenswerten  Interview mit Deller erhellt. Ein sehr einfühlsamer Text des Musikers und Autors Dan Fox interpretiert das Video.  Und wer dennoch keine Kunst zum Lesen hat: Der Kalalog funktioniert auch wunderbar als Daumenkino. Zentrale Sequenzen des Films rauschen so vorbei, alle beteiligten Kinder werden vorgestellt.

Ausstellung und Katalog wurden noch von der früheren Direktorin des Kunstvereins, Michelle Cotton – sie arbeitet inzwischen beim Mudam in Luxemburg –, und dem Musiker und Kurator Volker Zander konzipiert.  Die Beethoven Jubiläumsgesellschaft und die Stiftung Kunst der Sparkasse in Bonn sprangen als Financiers ein. Das Beethoven Orchester unter Kaftan und Schüler aus Köln und Bonn kamen kurz vor den Sommerferien 2019 im ehemaligen Emi-Studio in Köln, Probenraum des Gürzenich-Orchesters,  für die Filmarbeiten zusammen.

Planungen mussten wegen Corona neu überdacht werden

Seit Dezember 2019 ist Fatima Hellberg die neue Direktorin des Kunstvereins. Ihren Start in Bonn hat sie sich gewiss anders vorgestellt. Die Corona-Krise und die erzwungene Ausstellungspause haben  alle Planungen durcheinandergewirbelt. „Die Corona-Pandemie trifft uns alle“, sagt sie, „da Künstler ja besonders hart von der Krise betroffen sind, ist es uns ein wichtiges Anliegen, keine Projekte abzusagen, sondern durch eine Umstrukturierung alle Projekte weiterhin realisieren zu können“. Deller soll bis 5. Juli laufen. Die Schau zum Peter Mertes Stipendium 2019 mit Franca Scholz und Lotte Maiwald eröffnet am 18. Juli (bis 23. August). Die Ausstellung von Anna-Sophie Berger, „Duell“, startet am 3. September (bis 22. November). Kuratorin ist Susanne Mierzwiak. Es folgen  das Jahresgaben-Dinner am  4. Dezember und das Jahresgaben-Wochenende  (5., 6. Dezember).

Ursprünglich wollte Hellberg im Herbst mit ihrem eigenen Programm starten. Das beginnt nun mit „The Holding Environment“ am 29. Januar 2021. Der Begriff gehe „von der frühkindlichen und sich dann allmählich verändernden Abhängigkeit des Gehaltenwerdens aus, als eine Metapher dafür, wie Strukturen und Institutionen ‚uns halten’“, erläutert Hellberg ihr Proojekt, das sich intensiv mit dem „eindringlichen und ambivalenten Werk“ des Psychoanalytikers Donald Winnicot befasst.

Bonner Kunstverein, Hochstadenring 22; bis 5. Juli. Di, Mi, Fr, Sa und So, 11-17 Uhr, Do 11-19 Uhr. Katalog zwölf Euro.

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