Theater in Bonn Christian Czeremnych ist neu im Schauspielensemble

Bonn · Christian Czeremnych hat am Samstag im Schauspielhaus Premiere mit „Jugend ohne Gott“. Zu Beginn der Spielzeit ist er von Stuttgart nach Bonn gewechselt.

 Von Stuttgart nach Bonn: Christian Czeremnych auf der „Jugend ohne Gott“-Probe.

Von Stuttgart nach Bonn: Christian Czeremnych auf der „Jugend ohne Gott“-Probe.

Foto: Thilo Beu

Die Stimme der Vernunft hat es nicht leicht. In Molières und Hans Magnus Enzensbergers „Menschenfeind“ im Schauspiel verzweifelt Christian Czeremnych als Philinte an der Radikalität seines Freundes Alceste. Dieser Alceste ist ein Extremist, der immer mit offenem Visier der Welt begegnet und platzen würde, könnte er nicht ohne Rücksicht auf Verluste die Wahrheit und nichts als die Wahrheit aussprechen.

Philinte ist die bisher anspruchsvollste Rolle – Czeremnych selber nennt es die „forderndste Aufgabe“ – für den 29-Jährigen, der zu Beginn der Spielzeit von Stuttgart nach Bonn gewechselt ist. Die Konfrontationen und Reibungen der beiden ungleichen Charaktere Philinte und Alceste (Daniel Stock) empfindet der in Bergisch Gladbach geborene Schauspieler als großen Spielspaß.

Apropos Spaß. Czeremnych ist in Simon Solbergs „Linie 16“ ins Schauspielhaus gerollt. Besser: gesurft. Er bleibt unvergessen als von der Windmaschine beschleunigter Surfer. In der Interaktion mit Daniel Stock als schwäbischer Mutter ist er als leicht renitenter Sohn Thorben unwiderstehlich komisch. Als Aigisth in Marco Stormans Inszenierung der „Orestie“ des Aischylos hingegen wird der Darsteller erst gar nicht gefordert.

Czeremnychs Motivation, Schauspieler zu werden, ist nicht aus beglückenden Erfahrungen auf der Schultheaterbühne erwachsen, sondern aus der Parkettperspektive. Die Begegnung als Zuschauer mit den Profis, zum Beispiel im Kölner Theater, hat ihn geprägt. Nach dem Abitur in Bergisch Gladbach wusste er auf die Frage „Was mache ich?“ bald die Antwort: Schauspieler.

Es folgte der übliche Vorsprech-Marathon. Er endete mit der Annahme an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Schon während des Studiums lernte Czeremnych das Staatstheater Stuttgart in der Praxis kennen. Ab der Spielzeit 2014/15 gehörte er zum festen Ensemble des Theaters, an dem Armin Petras Schauspielintendant war.

Dort lernte er, wie er rückblickend sagt, „verschiedene Arbeitsweisen“ kennen und arbeitete mit Regisseuren wie Dominic Friedel, Thomas Schmauser, Sebastian Baumgarten, Kay Voges und René Pollesch. Dominic Friedel ist er jetzt in Bonn wiederbegegnet. Gemeinsam haben sie „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth, ein Theaterprojekt mit Schülern und Schauspielern des Ensembles, erarbeitet. Premiere ist am Samstag im Schauspielhaus.

Horváths 1937 erschienener Roman zeichnet aus Sicht des Theaters „das Bild einer orientierungslosen, verrohten und dabei hilflos alleingelassenen Jugend im Spannungsfeld von Zivilcourage und Mitläufertum, Empathie und Gefühllosigkeit“. Ein dankbarer Stoff für junge Menschen. Czeremnych erlebt seine Mitspieler als „wahnsinnig konzentriert“ und „wahnsinnig wach“, regelrecht „angefixt vom Stück und von dem Stoff“. Er und Sören Wunderlich leisten handwerkliche Hilfestellung bei den neuen Kollegen, die ja schließlich den anspruchsvollen Raum des Schauspielhauses füllen müssen. Sie reagieren dankbar, zum Beispiel mit den Worten: „Wusste ich noch gar nicht.“ Die Jüngste im Ensemble ist 14, andere stehen kurz vor dem Abitur. Handwerk ist das eine. Gleichzeitig verstärken die Theaterprofis die Neugier und das Engagement der Jugendlichen für die Bühne. Das bisher Erreichte rezensierte Czeremnych am Dienstag als „sehr gelungen“.

Seinen Wechsel von Stuttgart nach Bonn hat er nicht bereut. Die Bilanz der ersten Spielzeit: „Schön.“ Wortreicher geht der locker auftretende, aber nachdenkliche Schauspieler auf Rollenprofile ein, die ihn herausfordern. Dabei muss es für ihn „zur Sache gehen“. Zum Abschluss die Frage, ob er dem Publikum via GA Online noch eine Botschaft vermitteln will. „Was ich auf der Bühne mache, ist meine Botschaft“, sagt Christian Czeremnych.

Premiere (ausverkauft) am Samstag, 27. April, 19.30 Uhr, im Schauspielhaus. Weitere Vorstellungen am 2., 15., 25. und 27. Mai. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops des General-Anzeigers sowie im Internet auf www.ga.de/tickets.

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