Neue Klais-Orgel Bonner Orgel in Neubrandenburg

Neubrandenburg · Die Titularorganistin der Elbphilharmonie, Iveta Apkalna, weiht das Instrument des Bonner Orgelbauers Philipp Klais in der Konzertkirche Neubrandenburg ein.

Die Titularorganistin der Elbphilharmonie, Iveta Apkalna, bei einem Besuch der Orgel-Baustelle in der Konzertkirche Neubrandenburg mit dem der Stifter Günther Weber (rechts) und Philipp Klais.

Die Titularorganistin der Elbphilharmonie, Iveta Apkalna, bei einem Besuch der Orgel-Baustelle in der Konzertkirche Neubrandenburg mit dem der Stifter Günther Weber (rechts) und Philipp Klais.

Foto: picture alliance / Bernd Wüstnec

Das ist einer der schönsten Konzertsäle, die es auf der Erde gibt.“ Philipp Klais ist hörbar begeistert. Ja, der Bonner Orgelbauer gerät geradezu ins Schwärmen: „Es ist ein idealer Raum, denn er verbindet das Klangelement einer Kirche mit der akustischen Transparenz eines Konzertsaals.“ Und, nein, der Meister der Pfeifen steht an diesem Vormittag nicht im Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie, wo er erst Anfang des Jahres (s)ein Meisterstück hinterlassen hat: Klais spricht über sein jüngstes Instrument, das am Donnerstag eingeweiht worden ist – in der Konzertkirche Neubrandenburg.

Was einem kleinen Wunder gleichkommt, denn die 63 000-Einwohner-Stadt im Osten Mecklenburg-Vorpommerns vermag in Deutschlands führender Urlaubsregion weder als Ferienort noch mit einer historischen Altstadt zu locken. Und auch finanziell müssen Oberbürgermeister Silvio Witt und sein Kämmerer jeden Euro dreimal umdrehen.

Und doch hat Klais sogleich Feuer gefangen, als ihn im Sommer 2015 der Anruf des Neubrandenburger Unternehmers Günther Weber erreichte: Der Gründer des Schneidemaschinenherstellers Weber Maschinenbau hatte sich nämlich in den Kopf gesetzt, der Konzertkirche eine Orgel zu schenken.

Im 14. Jahrhundert entstanden, war das ehemalige Gotteshaus nach starker Beschädigung im Zweiten Weltkrieg zu einer reinen Konzertkirche umgebaut worden. Ein eigener Saal aus Beton, Stahl und Holz inmitten der gotischen Hallenkirchen-Fassaden: Musikalisch-akustisch wie auch touristisch ein wahrer „Glücksgriff“ für die Stadt – und als ein solcher könnte sich nun auch Webers Zwei-Millionen-Euro-Spende erweisen. Mag manch Auswärtiger auch ein wenig geschmunzelt haben ob des stadtväterlichen Stolzes über die 2852 Pfeifen und 70 Register – „eines mehr als in der Elbphilharmonie!“ – so ließ das Klangerlebnis beim Einweihungskonzert im Rahmen der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern aufhorchen: Denn der gewaltige Pfeifenblock, der da an der Stirnseite der Kirche aus einem hölzernen Quader gleichsam gen Himmel strebt, beschert ob der guten Akustik ein ebenso warmes und volles wie harmonisches Klangbad, das insbesondere in den tiefen Lagen die Luft wahrlich vibrieren lässt. Ein Klangerlebnis, für das neben Klais auch das Berliner Unternehmen Schuke alle Register der Orgelbaukunst gezogen hat, denn ohne die gemeinsame Anstrengung wäre das Werk kaum bis zum 70. Geburtstag des Mäzens am Mittwoch fertig geworden.

Eine der besten Organistinnen unserer Zeit

Dass zur abendlichen Einweihung – der ob der großen Nachfrage kurzerhand schon ein ebenfalls ausverkauftes Konzert mit 800 begeisterten Besuchern am Vormittag vorangestellt worden war – mit Iveta Apkalna eine der besten Organistinnen unserer Zeit an dem mobilen Spieltisch inmitten des Raumes Platz nahm, verstand sich von selbst: Schließlich war es seinerzeit ein Festspiel-Konzert der Lettin gewesen, das Weber zu seinem Orgel-Geschenk angeregt hatte. Wie stets in goldenen Lederschuhen rappte die 40-Jährige in Naji Hakims Études-Caprice „Alla russa“ geradezu mit den Füßen über die Pedale, während ihre Finger über die Manuale und von Bachs d-Moll-Toccata und Fuge bis zu Thierry Escaichs Techno-ähnlichen „Evocation II“ durch die Musikgeschichte wirbelten.

Die große dynamische Breite des neuen Instruments stellte Apkalna indes hernach mit der Neubrandenburger Philharmonie in Alexandre Guilmants spätromantischer erster Orgelsinfonie unter Beweis: Höchst wirkungsvoll instrumentiert, kostete die bildhübsche Musikerin hier ebenso die überwältigende Üppigkeit im Finale aus, wie sie zuvor in der idyllischen Pastorale die lyrischen Fähigkeiten in den sehr leisen Registern ausgelotet hatte. Kraft und Transparenz in wahrlich harmonischer Partnerschaft. „Wir wollten ein Instrument schaffen, das fürs Zusammenspiel mit Orchester ebenso geeignet ist wie für solistische Auftritte“, hatte Klais erzählt. Was zweifellos gelungen ist.

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