Exzellenzstrategie Bonner Mathematiker auf Top-Niveau

Bonn · Das Hausdorff-Zentrum für Mathematik der Uni Bonn kann sich über sieben weitere Jahre Exzellenzförderung freuen. Professor Karl-Theodor Sturm spricht über erste Pläne für die Zukunft.

 Auf in die dritte Förderrunde: Der Clustersprecher der Bonner Mathematiker, Professor Karl-Theodor Sturm, ist kurz nach der Verkündung der Exzellenz-Ergebnisse erleichtert.

Auf in die dritte Förderrunde: Der Clustersprecher der Bonner Mathematiker, Professor Karl-Theodor Sturm, ist kurz nach der Verkündung der Exzellenz-Ergebnisse erleichtert.

Foto: Benjamin (FM) Westhoff

Es ist nicht allzu viel los am Tag nach der großen Exzellenzverkündung im Mathematischen Institut der Uni Bonn. Auf den Fluren der ehemaligen Landwirtschaftskammer sind nur wenige Mitarbeiter und Studenten unterwegs. Es sind ja noch Semesterferien. Aber wer es dennoch durch den Nieselregen in das neobarocke Gebäude an der Endenicher Allee geschafft hat, trägt ein leichtes Lächeln im Gesicht. Wie Karl-Theodor Sturm in seinem Büro auf der dritten Etage.

„Es ist ein undefinierbares Gefühl, wenn die Spannung plötzlich abfällt.“ So beschreibt der Professor den Moment direkt nach der Verkündung der Exzellenzcluster. Als Sprecher des Hausdorff-Zentrums für Mathematik hatte er nach zwei erfolgreichen Förderrunden auf eine dritte gehofft. Die Hoffnungen haben sich erfüllt. Fünf weitere Bonner Forschungsverbünde können sich (wie berichtet) ebenfalls über und auf die millionenschwere Förderung während der kommenden sieben Jahre freuen. „Dass es nun sechs Exzellenzcluster für die Uni Bonn sind, ist überwältigend. Damit hat selbst bei uns keiner gerechnet“, sagt Sturm.

Für den Clustersprecher der Mathematiker hat die Antragstellung auf die erneute Förderung an die Auswahlkommission in den vergangenen zwei Jahren einen beachtlichen Teil seines Jobs ausgemacht. „Manchmal waren es ein Drittel der Arbeitszeit, manchmal aber auch 130 Prozent“, sagt Sturm. Da diskutierten er und sein Zehn-Leute-Kernteam darüber, wie sich dieser oder jener Antragstext liest, auf Deutsch, auf Englisch – den richtigen Ton wollte man treffen, bloß nicht zu abgehoben oder gar überheblich.

Clusterförderung macht Uni international sichtbar

Manchmal habe er die Sinnhaftigkeit dieses Prozedere schon hinterfragt. „Da soll die Spitzenforschung gefördert werden, und dafür wird dann ganz viel Zeit der Wissenschaftler absorbiert“, gibt er zu bedenken.

Nichtsdestotrotz hält er die Exzellenzstrategie von Bund und Ländern für essenziell. In der vorangegangenen Förderperiode erhielt sein Cluster seit 2012 etwa sechs Millionen Euro pro Jahr aus dem Vergabetopf. „Damit haben wir auch eine Sichtbarkeit auf dem amerikanischen Markt erreicht. Das wäre uns sonst nicht gelungen.“

Im weltweiten Wettbewerb um die besten Wissenschaftler gehört Deutschland für den 57-Jährigen nicht zu den Gewinnern der Globalisierung. Soll heißen: „Wer als Postdoc von Deutschland in die USA geht, kommt oft nicht mehr zurück.“ Mit Mitteln der vorigen Förderrunden und der damit einhergehenden Reputation der Bonner Mathematiker sei es jedoch gelungen, hervorragende Forscher aus dem Ausland nach Bonn zu holen.

Auch ist er sicher: „Ohne die Exzellenzförderung hätten wir Peter Scholze, der jüngst die bedeutende Fields-Medaille gewonnen hat, an eine Spitzenuniversität im Ausland verloren. Die Top-Unis greifen mit Top-Bedingungen die Top-Leute ab.“

Geld für Stellen, Ausbildung und neue Forschungsgruppen

Für die kommende Förderperiode hat Sturms Cluster rund 8,4 Millionen Euro pro Jahr beantragt. Er geht davon aus, dass es ein bisschen weniger werden wird, weil die Zahl der ausgewählten Forschungsverbünde nicht wie angekündigt bei 45, sondern letztlich bei 57 in ganz Deutschland lag.

Mit dem neuen Geld wollen die Mathematiker erst einmal das Personal und die Stellen halten, die die vorangegangene Förderrunde ihnen zusätzlich beschert hat: 30 Doktoranden, 20 Post-Doktoranden, fünf Lehrstühle und zehn Nachwuchsprofessuren.

Außerdem wollen Sturm und seine Kollegen neue Forschungsgruppen zwischen der Mathematik und den Nachbardisziplinen – Lebenswissenschaften, Materialwissenschaften und Quantenfeldtheorie (Theoretische Physik) – aufbauen. Auch soll die Ausbildung der Postdocs am Hausdorff-Zentrum noch systematischer angegangen werden mit häufigeren Blockseminaren und Bewerbungstrainings für die jungen Wissenschaftler.

Zwischen all den Plänen steht da noch ein ganz wichtiges Datum für die Bonner Mathematiker an: der 30. November. Dann feiert das Hausdorff-Zentrum seinen Erfolg in Sachen Exzellenz – und den Moment, in dem die Spannung ganz plötzlich abfiel.

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