Jazzfest Bonn 2018 Peter Materna bringt Jazz-Legenden und Nachwuchs nach Bonn

Bonn · Das Jazzfest Bonn geht am Donnerstag, 26. April, in eine neue Runde. Sein Leiter gewährt im Interview Einblicke hinter die Kulissen.

Was werden Sie am Abend des 25. April machen? Schlafen, joggen, gut essen gehen? Danach, wenn das Jazzfest beginnt, ist es schließlich für eine Weile vorbei mit Freizeit.

Peter Materna: Der Abend vor dem Start des Jazzfests ist durch meinen Terminkalender auch schon festgelegt. Da werde ich die Künstler begrüßen, die früher anreisen, die Gästelisten durchgucken und andere Routinesachen. Also nicht mehr Feuerlöschen. Es gibt so viele Dinge vorzubereiten. Allein die Personalliste für die ersten beiden Konzerte besteht aus zirka 50 Leuten. Der Aufwand hinter der Bühne ist wie bei vielen anderen Festivals, egal ob Jazz oder Klassik. Und ich werde mich, wie jedes Jahr, selber sehr darauf freuen, dass es losgeht.

Ist die Vorfreude bei den Bonnern ebenfalls spürbar?

Materna: Die ist jedes Jahr ähnlich groß. Wir merken das immer an der Resonanz, zum Beispiel in den sozialen Medien. Daran können wir es ein bisschen messen. Es ist noch immer von Jahr zu Jahr steigend – auch wenn wir die großen Sprünge hinter uns haben.

Gibt es viel überregionales Publikum?

Materna: Das Jazzfest hat immer schon überregional ausgestrahlt. Es kommen sehr viele Zuschauer aus Köln, aus dem Ruhrgebiet, aus Koblenz und auch von weiter her. In Köln zum Beispiel machen wir sehr viel Werbung. Erfreulicherweise reagiert man auf diese starke Präsenz.

Worin besteht für Sie der Reiz von Doppelkonzerten, die ein Markenzeichen des Jazzfests sind? Die können ja schon mal richtig lang werden.

Materna: Das stimmt. Und meistens ist man ja nach einer Stunde auch schon ganz zufrieden. Je nachdem, wie intensiv die Musik und wie aufnahmefähig man selbst ist. Aber die Doppelkonzerte mache ich deshalb, weil ich selbst erfahren habe, dass es als junger Musiker außerordentlich schwer ist, den Weg in die Konzertlandschaft zu finden und Jobs zu kriegen.

Egal, wie gut man ist. Kaum ein Veranstalter bucht einen Musiker oder eine Band, wenn sie unbekannt sind. Und wenn sie es tun, dann spielen sie vor drei Leuten im Publikum. Das war für mich Ansporn. Und ich möchte den Menschen im Saal, die ein Ticket für den Star gekauft haben, zusätzlich noch etwas Tolles zeigen, was sie noch gar nicht kennen. Michael Wollny, der bei uns jetzt das vierte Mal spielt, ist das beste Beispiel. Als er zum ersten Mal beim Jazzfest auftrat, kannte ihm kaum jemand. Heute ist er ein Star.

Gibt es im aktuellen Programm im Hinblick auf die Doppelkonzerte Begegnungen, auf die Sie besonders gespannt sind?

Materna: Oh ja. Direkt bei der Eröffnung mit Saskya und dem Nils Landgren Quartet im Post Tower. Das Konzert ist längst ausverkauft. Ich finde, diese Paarung ist ein wunderbares Beispiel für das Konzept. Auf der einen Seite das Trio mit drei hochbegabten Frauen: der Saxofonistin und Flötistin Anna-Lena Schnabel, die gerade ihren Durchbruch erlebt, der Pianistin Clara Haberkamp – sie ist die Tochter der Saxofonisten Thomas und Ilona Haberkamp – und der Bassistin Lisa Wulff, die auch eine unfassbar gute eigene Band hat. Was mich besonders freut: Lisa spielt – unabhängig von uns als Veranstalter – auch bei Landgren mit. Besser können die beiden Konzerte nicht verzahnt sein.

Und bei den anderen Doppelkonzerten geht das ähnlich auf?

Materna: Ich finde, ja. In der Uni haben wir zum Beispiel Andreas Schaerer mit A Novel of Anomaly. Schaerer, der schon mal mit „Hildegard lernt fliegen“ da war. Er ist ein unglaublicher Stimmakrobat. Und danach kommt ein Bonner: Der Trompeter Nils Wülker, der ja mittlerweile seinen Weg gefunden hat.

Das Jazzfest findet auf beiden Seiten des Rheins statt. Die Örtlichkeiten sind sehr unterschiedlich. Wäre es nicht sinnvoller, das Festival auf weniger Spielstätten zu konzentrieren?

Materna: Das wäre es definitiv. Es würde uns unglaublich viel Arbeit ersparen. Aber es würde die Vielfalt in der Stadt nicht abbilden. Wir könnten so nicht zeigen, welche verschiedenen Möglichkeiten Bonn bietet, Kultur zu leben. Deshalb schrecke ich vor dem immensen Aufwand nicht zurück. Ich will an verschiedenen Orten ganz unterschiedliche Musik stattfinden lassen. Die Künstler, die ich ins Programm nehme, suche ich speziell für den ganz spezifischen Ort aus.

Wenn ich einen Künstler buchen möchte und der Ort, der mir vorschwebt, steht nicht zur Verfügung, verzichte ich lieber. Den Geiger Gregor Huebner, den ich eigentlich im Beethoven-Haus platzieren wollte, hätte ich fast auf das nächste Jahr geschoben, wenn mir nicht noch das Volksbank-Haus als Alternative eingefallen wäre. Das Gebäude hat für bestimmte Musik eine großartige Akustik.

Deshalb spielt John Scofield in der Oper?

Materna: Bei ihm spielt noch etwas anderes hinein. Ich wollte diesen amerikanischen Superstar der Gitarre mit den jungen Leuten des Bujazzo (Bundesjazzorchester) kombinieren, die davon träumen, einmal mit so einem Typen, mit so einer Legende, die er ja ist, zusammen auf der Bühne zu stehen.

In der jüngsten Ausgabe des „Downbeat Magazine“, der international wichtigsten Jazzpublikation, wird das Jazzfest Bonn ausführlich vorgestellt. Müssen Sie das nicht als Ritterschlag empfinden?

Materna: Ja, das tue ich. Das Downbeat ist weltweit die wichtigste Publikation im Jazz mit einer enormen Sichtbarkeit und Verbreitung. In der Mai-Ausgabe listet das Magazin 204 Jazzfestivals aus der ganzen Welt auf, die im Sommer stattfinden. Vier davon werden ausführlicher vorgestellt. Das Jazzfest Bonn ist eines davon und das einzige aus Europa. Und „Downbeat“ schickt sogar eigens einen Journalisten zum Jazzfest. Darüber freuen wir uns sehr!

Das komplette Programm unter www.jazzfest-bonn.de; Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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