Konzert zum 248. Tauftag Ludwig van Beethovens Noch zwölf Monate bis zum Beginn des Jubiläumsjahres

Bonn · Das klingende Dutzend: Zwölf Bratschisten spielen im Kammermusiksaal Brett Deans Komposition „Testament“.

 Musikalisch spannender Abend: Tauftagkonzert im Kammermusiksaal.

Musikalisch spannender Abend: Tauftagkonzert im Kammermusiksaal.

Foto: Bernhard Hartmann

Beim Tauftagkonzert Ludwig van Beethovens ein Stück aufzuführen, das den Titel „Testament“ trägt, mag unpassend erscheinen, weil man mit diesem Begriff ja nicht den Beginn des Lebens, sondern das genaue Gegenteil assoziiert. Doch wenn man diesen Gedanken einmal beiseiteschiebt, wird der Blick frei auf einen musikalisch spannenden Abend im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses, wo zwei sehr unterschiedliche Werke aufeinandertrafen, die aber doch eng miteinander verwoben sind: auf der einen Seite das für zwölf Bratschen komponierte „Testament“ des australischen Komponisten Brett Dean, auf der anderen Seite Ludwig van Beethovens Streichquartett F-Dur op. 59 Nr. 1, das erste der drei Rasumofsky-Quartette. Dean hat für sein vor 16 Jahren geschriebenes Stück einige Passagen daraus verwendet.

Für den Australier ist das berühmte Schriftdokument, worin Beethoven erstmals über seine fortschreitende Ertaubung berichtet, nicht nur ein Aufschrei, sondern auch ein Zeugnis der Hoffnung. Und die sieht er in dem ersten Rasumofsky-Quartett, das an diesem Abend vom Asasello Quartett gespielt wurde, musikalisch artikuliert. Zum Tauftagkonzert war Dean selbst gekommen. Der Komponist, der 15 Jahre lang als Bratscher bei den Berliner Philharmonikern unter Vertrag war und dort die „letzte Phase der Karajan-Ära“ erlebte, berichtete in fließendem Deutsch über sein Werk.

Kratzen der Feder

Moderator in dem etwas bemüht mit „Debatehoven“ überschriebenen Programmteil war Christian Lorenz, der künstlerische Geschäftsführer der Jubiläumsgesellschaft, die zugleich auch Mitveranstalter des letzten Tauftagkonzerts vor dem offiziellen Start des Beethoven-Jubiläumsjahres im Dezember 2019 war. Man erfuhr unter anderem, dass der Beginn von „Testament“ das Kratzen der Feder auf Papier imitiere. Um diesen brüchigen Klang zu erzeugen, verwenden die Bratscher Bögen, deren Haare nicht mit Kolophonium behandelt wurden. Dadurch entstehe „Musik, die man sieht, aber nicht hört“.

Im Verlauf des Stücks tauschen sie die Bögen dann mit kolophonierten Exemplaren, mit denen sie den satten Streicherklang produzieren können. Oder andere Klänge in diesem an Klangfarben unglaublich reichen Stück, von dem eine Orchesterversion übrigens 2012 beim Beethovenfest vom Philharmonia Orchestra unter Esa-Pekka Salonen gespielt wurde.

Ausführende am Tauftag waren die Dozenten Barbara Westphal und Volker Jacobsen mit Bratschisten aus ihren Hochschulklassen. Weil nun einer von ihnen krankheitsbedingt ausgefallen war, griff Dean selbst zur Bratsche. Und zwar zu derjenigen, die einst Beethoven in der Bonner Hofkapelle spielte. Im Gespräch mit Malte Boecker, dem Direktor des Beethoven-Hauses, hatte Dean sie zuvor dem Publikum vorgestellt. Das Ensemble ging das Stück mit großem Einsatz an, gestalteten die teils vertrackten Rhythmen und raffinierten Klänge mit virtuosem Geschick.

Das op. 59 Nr. 1 im ersten Programmteil war beim Kölner Asasello Quartett in besten Händen. Die Cellomelodie des Anfangs schritt selbstbewusst einher, der „sempre scherzando“ zu spielende zweite Satz hatte Biss und Fülle, wie überhaupt sie den neuen, fast schon sinfonischen Ton, den Beethoven in diesem Werk vorstellt, auf großartige Weise trafen.

Emotionale Intensität

Besonders aber beeindruckte die emotionale Intensität, mit der Rostislav Kozhevnikov, Barbara Streil (Violinen), Justyna Sliwa (Viola) und Teemu Myöhönen (Violoncello) – trotz einer leichten Intonationsunsicherheit an einer Stelle – den elegischen Tonfall des Adagios zum Klingen brachten.

Wenn man solche Musik hört, muss man Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan zustimmen, der in seiner Begrüßung Beethovens Geburt in Bonn als „ein Geschenk der Geschichte“ bezeichnete.

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