Politisches Kabarett einmal anders Christoph Sieber im Pantheon in Bonn

Bonn · Christoph Sieber feiert im ausverkauften Pantheon in Bonn die Premiere seines neuen Programms „Mensch bleiben“. Das hat Niveau und ist politisches Kabarett auf eine andere Art und Weise.

 Skeptisch bleiben: Christoph Sieber.

Skeptisch bleiben: Christoph Sieber.

Foto: Harald Kirsch

Wie politisch kann das politische Kabarett sein, wenn es Schlüsselreize wie Merkel, Söder oder Gauland weitgehend ausspart? Wenn es dem, was in Berlin, Brüssel oder Washington vor sich geht, kaum eine Minute gönnt? Wenn man beim Zuhören vielmehr den Eindruck bekommt, selbst Teil eines Schwarms zu sein, dessen Intelligenz sich darauf fokussiert, zeitgemäße Kommunikationskanäle zu bedienen, ohne dort etwas Wesentliches mitzuteilen?

Jedenfalls nichts über das „Mensch bleiben“, dem Christoph Sieber – dem kabarettaffinen Fernsehpublikum des ZDF-Formats „Mann, Sieber!“ gut bekannt – sein neues Programm dediziert hat. Premiere feierte es jetzt im ausverkauftem Pantheon. Gut zwei Stunden, die auf eindrucksvolle Weise zeigen, wie tief das Politische tatsächlich im Gesellschaftlichen und schließlich im Privaten wurzelt.

„Im Zweifel für den Zweifel“: Dieses sympathische Credo des 49-jährigen Kabarettisten scheint jedenfalls gänzlich aus der Zeit gefallen und in der Antike gestrandet zu sein, die Politik seinerzeit noch als Lehre von den Angelegenheiten eines Gemeinwesens definierte. Womit nun aber ganz sicher keine überhitzte Menge gemeint ist, die in einer „Apokalypse de luxe“ über die eigenen Verhältnisse lebt und die der anderen gleich dazu. Dass zwei Leute sich nicht darüber einigen könne, ob die Zahl zwischen ihnen auf der Straße nun eine Sechs oder eine Neun sei – das bereitet Sieber keine Kopfschmerzen. Vielmehr die, die sagen, „es ist eine Fünf“, und dies laut genug, um damit den Mainstream zu steuern.

Aussagen wie „Die Islamisierung fällt aus, stattdessen kommt die Digitalisierung“ oder „Arm gegen Reich ist der Kampf des 21. Jahrhunderts“ mögen dem einen oder anderen im Saal zu plakativ geklungen haben. Das kann man so sehen, das darf auch gern Kritik hervorrufen. Und sei es nur, um so die technikhörige Bequemlichkeit des besagten Schwarms zu stören.

Während der Kapitalismus die Abkehr von sich selbst zu 4000 Euro für zwei Wochen im Kloster verkauft und die Frage „Was tun ohne Smartphone?“ eine zum Teil erschreckende Leere bloßlegt. Christoph Sieber selbst behauptet ja gar nicht, die verbindlichen Antworten zu kennen. Außer der einen: zweifeln und Mensch bleiben.

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