Ausstellung im Kunstmuseum Gemalte Melancholie

Bonn · Schöne Entdeckung: Kunstmuseum Bonn würdigt den Bremer Norbert Schwontkowski

 Lapidarer Stil: Norbert Schwontkowskis Gemälde „Sopot“ entstand 2010.

Lapidarer Stil: Norbert Schwontkowskis Gemälde „Sopot“ entstand 2010.

Foto: Jens Ziehe/Jens Ziehe/Photographie

Während sich auf der oberen Etage im Kunstmuseum derzeit die jungen Künstler austoben und zeigen dürfen, wie viel Aufbruch in der zeitgenössischen Malerei noch möglich ist, läuft man im Erdgeschoss geradewegs in ein Kontrastprogramm. Die retrospektiv angelegte Einzelausstellung mit 60 Arbeiten des Malers Norbert Schwontkowski zeigt eben auch, dass in der Malerei immer schon unglaublich viel möglich gewesen ist.

Christoph Schreier hat diesen Rückblick auf fast 25 Schaffensjahre (zwischen 1988 und 2012) des 1949 in Bremen geborenen und 2013 ebendort verstorbenen Künstlers kuratiert. Die Freude darüber, einem Künstler, der einem breiten Publikum bislang eher unbekannt war, endlich viel Raum geben zu dürfen, ist spürbar. Auch die Kunsthalle Bremen und das Kunstmuseum Den Haag, wohin die Ausstellung nach Bonn wandern wird, beteiligen sich an diesem Vorstoß, das Oeuvre eines Malers neu zu bewerten.

Wer war dieser Norbert Schwontkowski, der nach einer Schaufenstergestalterlehre und dem Studium an der Hochschule für Gestaltung in Bremen seinen eigenen Platz in der Malerei erst recht spät als 40-Jähriger gefunden hat? „Ein wunderbar melancholischer Typ mit viel Humor“, sagt Schreier, und das beschreibt die Atmosphäre der gesamten Ausstellung ziemlich treffend. Schwontkowski philosophiert in seinen Bildern über das Geworfensein des Menschen in die Welt.

Hier gibt es kein Entkommen, keinen Heilsbringer und keine Erlösung und wer das einmal für sich akzeptiert hat, kann sich an den Skurrilitäten des Lebens erfreuen. Mitten in nachtschwarzer Umgebung steht ein Mann am geöffneten Kühlschrank auf der Suche nach einem Mitternachtssnack. Eine einsame, traurige Angelegenheit, die jedoch durch den Titel „Bosch. Die Kälte des Weltalls“ mit einem Schmunzeln kommentiert wird. Im „Winterstudio“, einem kaum inspirierend wirkenden Atelier in kühlem Blau mit Löchern in Boden, Decke und Wand hängt eine Reihe von Sockenpaaren an einer Schnur quer durchs Zimmer. Die Wärme des kleinen Ofens kann also einige Socken trocknen, das ist nicht viel, aber immerhin.

Im Selbstporträt von 2007 „Nachdenken über Nichts“ hat sich Schwontkowski als kleine Figur inmitten einer hellen, existenzialistischen Leere gemalt. „Wir in dieser Drecksbrühe“ heißt ein Bild, das eine Gruppe von Schwänen in ähnlich undefinierbarer Umgebung zeigt. Kein Wasser sondern tatsächlich eine Brühe, die der Maler  in vielen Schichten und mit unterschiedlichen Materialien angerührt hat. „Das Sumpfige gehört bei Schwontkowski zum Programm“, sagt Schreier und verweist damit auch auf das eigenartige Verhältnis von Bildlichkeit und Abstraktion, das der Künstler für sich gefunden hat.

Wenn heutzutage an jeder Ecke inflationär von einer „Position“ in der Kunst die Rede ist – hier darf man erleben, wie ein Künstler tatsächlich eine Haltung gefunden und eingenommen hat. Als bereichernde Ergänzung zu den Leinwandbildern gibt es in der Ausstellung 35 Skizzenbücher zu sehen, in denen Schwontkowski auf kleinem Format seinen Blick auf die Welt voller Poesie, Witz, Melancholie und stoischer Gelassenheit beschrieben und gezeichnet hat. Zitat: „Die Gemälde, die Bilder, von denen ich spreche, stellen nichts vor, sie erzählen nichts, Unverrückbar und still … entziehen sie sich dem Dialog, der Konversation, dem Gequatsche.“

Kunstmuseum Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2, bis 16. Februar, Di-So 11-18, Mi 11-21 Uhr. Eröffnung: 30. Oktober, 19 Uhr. Katalog, Wienand Verlag, 30 Euro. Am 3. November führt Kurator Christoph Schreier um 11 Uhr durch die Ausstellung.

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