Bedeutendes astronomisches Erbe Volkssternwarte der Uni Bonn verfällt

Bonn · Ein Verein bemüht sich um die Alte Sternwarte der Uni. Die Sanierung lässt auf sich warten, denn bisher gibt es keine Abstimmung zwischen der Uni und dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW.

 In der Alten Sternwarte hat der Astronom Friedrich Wilhelm August Argelander seine große Durchmusterung durchgeführt. Die Türme sind seit 2015 mit Sicherheitsplanen verhüllt.

In der Alten Sternwarte hat der Astronom Friedrich Wilhelm August Argelander seine große Durchmusterung durchgeführt. Die Türme sind seit 2015 mit Sicherheitsplanen verhüllt.

Foto: Thomas Kölsch

Einst blickte die Alte Sternwarte weit hinaus in den Nachthimmel, auf der Suche nach Sternen und Kometen. Doch diese Zeit ist lange vorbei. Mittlerweile ist das Gebäude nahe der Poppelsdorfer Allee, das Mitte des 19. Jahrhunderts keinem Geringeren als Friedrich Wilhelm August Argelander als astronomisches Forschungszentrum diente, sogar nahezu blind: Seit dem Frühjahr 2015 sind die vier Beobachtungstürme in Schutzfolie gewickelt, um die Öffentlichkeit vor eventuell herabstürzenden Teilen der verrottenden Holzkonstruktionen zu schützen. Eine Sanierung lässt seitdem auf sich warten – und das, obwohl die Alte Sternwarte in diesem Jahr durch die Internationale Astronomische Union zum „Out-standing Astronomical Heritage“ (zum bedeutenden astronomischen Erbe) erklärt wurde.

Sonderlich besucherfreundlich ist der einstige Wirkungsort von Argelander nicht, zumindest nicht jener Turm, von dem aus er zwischen 1852 und 1862 rund 325.000 Sterne vermaß. Durch eine Mitarbeiter-Toilette und über eine alte Wendeltreppe gelangt man in den Raum, der ursprünglich um 360 Grad gedreht werden konnte und über eine Dachluke den Blick auf den Nachthimmel ermöglichte. „Dies ist ein historischer Ort“, betont der Physiker Peter Matthias Oden, der im Vorstand der Volkssternwarte sitzt und sich unter anderem für eine Bewahrung des astronomischen Erbes der Universität Bonn einsetzt.

Am Tag des offenen Denkmals bestens besucht

„Das Interesse der Öffentlichkeit ist durchaus da, wie wir zuletzt beim Tag des offenen Denkmals in diesem Jahr gemerkt haben“, sagt Oden. „Da hatten wir rund 600 Besucher, im Innenstadtbereich lagen wir damit auf Platz 1. Diese Menschen sind regelrecht geschockt, wenn sie sehen, in was für einem Zustand sich der Turm befindet.“ Natürlich gehe die Sicherheit vor. „Aber wenn drei Jahre lang nichts passiert, ist das schon enttäuschend, zumal unser Verein seit nunmehr 45 Jahren den Argelanderturm angemietet und im Rahmen seiner Möglichkeiten in Schuss gehalten hat.“

Die Universität verweist in diesem Zusammenhang auf den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW, der für die Gebäude zuständig ist. Der wiederum betont, dass die Hochschule erst definieren müsse, wie sie sich die zukünftige Nutzung der Alten Sternwarte vorstelle. „Bei einer Gesamtsanierung muss immer erst geklärt werden, was benötigt wird“, betont BLB-Sprecherin Silke Schenck. „Erst dann kann der Bedarf der Universität mit den Gegebenheiten des Bestandsgebäudes harmonisiert und ein konkreter Zeitplan für die Sanierungsmaßnahme und den genauen Sanierungsumfang unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes mit der Universität abgestimmt werden.“ Entsprechende Gespräche liefen derzeit.

Abstimmung ist nötig

Neben dem Turm im Zentralgebäude betreibt die Volkssternwarte auch den Großen Refraktor, einen Kuppelbau aus dem Jahr 1899, mit dem Astronomen der Universität Bonn bis in die 60er-Jahre hinein Messungen vornahmen und Aufnahmen machten. Zunehmend wanderten die Wissenschaftler aber zum neu errichteten Observatorium „Hohe List“ in der Eifel ab, 1973 zog schließlich das Astronomische Institut nach Endenich um. Damit verfiel die Alte Sternwarte in eine Art Dornröschenschlaf.

Zwar wird das Gebäude unter anderem noch durch das Graduiertenzentrum genutzt, sein ursprünglicher Zweck ist aber Vergangenheit. Der Volkssternwarte ist es zu verdanken, dass dieser zumindest nicht in Vergessenheit gerät. „Den Großen Refraktor haben wir vor einigen Jahren in Eigenleistung saniert“, betont Odens Vereinskollege Patrick Cremer. „Wenn wir jetzt hier Veranstaltungen anbieten, sind die zum Teil so überlaufen, dass wir Leute wegschicken müssen. Wir hoffen jetzt, dass auch der Argelanderturm wieder instand gesetzt wird.“ Das sei die Universität ihrem berühmten Sternenkundler und seinem Erbe mit Sicherheit schuldig.

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