Welt-Parkinson-Tag Parkinson: Die rätselhafte Erkrankung

Bonn · Vor 200 Jahren beschrieb der britische Arzt James Parkinson die Symptome für das Parkinson-Syndrom. Auch heute gibt die Erkrankung den Wissenschaftlern Rätsel immer noch Rätsel auf.

 Der verstorbene Boxer Muhammad Ali litt mehr als 30 Jahre an den Symptomen von Parkinson.

Der verstorbene Boxer Muhammad Ali litt mehr als 30 Jahre an den Symptomen von Parkinson.

Foto: dpa

Unkontrolliertes Zittern, Muskelsteifheit oder verlangsamte Bewegungen. Für viele Menschen sind genau das die Anzeichen, die sie mit einer Parkinson-Erkrankung in Verbindung bringen und die sie ärztlich untersuchen lassen. Bereits in antiken Quellen aus Indien und China finden sich Hinweise auf diese Symptome. Als erste medizinische Abhandlung gilt das 1817 veröffentlichte „Essay on the Shaking Palsy“, in der deutschen Übersetzung „Abhandlung über die Schüttellähmung“ des britischen Chirurgen und Apothekers James Parkinson. Anhand von sechs Patienten fasste er damals weitere Anzeichen, wie Schlafstörungen und Verdauungsprobleme, für das Syndrom zusammen – und wurde zum späteren Namens-geber für die Erkrankung.

Auch heute, 200 Jahre später, dient Parkinsons Beschreibung der Symptomatik zur eindeutigen Diagnose. Anders als bei anderen Erkrankungen lässt sich die Diagnose „Parkinson“ nicht mittels eines bestimmten Tests fällen, sondern anhand der genauen Beobachtung der Symptome. Seit 20 Jahren ist der Krankheit, vor allem den Betroffen und deren Angehörigen, mit dem Geburtstag Parkinsons am 11. April, ein Gedenktag gewidmet.

Laut Schätzungen der Deutschen Parkinson Gesellschaft leben allein in Deutschland mehr als 280 000 Menschen, die von dem Syndrom betroffen sind. Tendenz: steigend. „Je älter eine Bevölkerung wird, desto höher ist der Anteil der Betroffenen“, sagt Dr. Niels Allert vom Neurologischen Rehabilitationszentrum „Godeshöhe“. Allein in der Parkinson-Ambulanz der Klinik für Neurologie des Bonner Universitätsklinikums werden derzeit rund 600 Patienten mit dem Parkinson-Syndrom behandelt. „Man kann die Erkrankung nicht heilen, nur die Symptome lindern“, sagt Professor Dr. Ullrich Wüllner, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Bonn auf dem Venusberg.

In den überwiegenden Fällen liegt das Alter der Erkrankten zwischen 60 und 75 Jahren. Eher selten erkranken jüngere Menschen an dem Syndrom. Denn auch 200 Jahre nach Parkinsons Abhandlung liegen die Ursachen weitgehend im Dunkeln. „Es gibt eine Vielzahl von Risikofaktoren, die von außen kommen, aber auch genetische Veranlagungen“, so der Neurologe. So spielen Ernährung, aber auch giftige Umwelteinflüsse, wie der Kontakt mit Pestiziden oder Mangan eine Rolle, ob ein Mensch an dem Syndrom erkrankt oder nicht. Gemeinsam haben die Erkrankten allerdings einen Mangel an dem Botenstoff Dopamin, das in den Nervenzellen produziert wird. Treten die Symptome wie Zittern oder ein verlangsamter Bewegungsablauf auf, sind bereits 60 bis 70 Prozent dieser Zellen in ihrer Funktion gestört.

Die Patienten erhalten daher einen Dopamin-Ersatz, um die Symptome zu lindern. Ebenso werden Physiotherapie und Ergotherapie eingesetzt. Betroffene sollten in Bewegung bleiben und auf eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse und Obst achten – auch zur Vorbeugung. Mit den Therapiemöglichkeiten leben Menschen mit Parkinson heute genauso lange wie ohne die Erkrankung. Nur für einen kleinen Teil der Patienten eignet sich die Behandlungsmöglichkeit einer „Tiefen Hirnstimulation“. Bei diesem operativen Eingriff wird jeweils eine Elektrode in die Hirnhälfte eingesetzt, die Impulse aussendet. Etwa 15 Patienten aus ganz Deutschland werden derzeit im Reha-Zentrum „Godeshöhe“ nach dem Eingriff und bei der Einstellung des „Hirnschrittmachers“ betreut.

In unmittelbarer Nähe des Uniklinikums forscht ein Team des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), zu dem auch Professor Wüllner gehört, weiter nach den Ursachen und Strategien zur Behandlung. Da die Nervenzellen im Gehirn, in der sogenannten Substantia Nigra, vorkommen, konzentrierte die Wissenschaft ihre Ursachenforschung vornehmlich auf das Gehirn.

Mittlerweile haben Forscher jedoch auch andere Körperbereiche im Verdacht, wie den Magen-Darm-Trakt. So bildet der Eiweißstoff „Alpha-Synuclein“ nicht nur Ablagerungen und Verklumpungen in den Nervenzellen im Gehirn, sondern auch in den Nervenzellen im Darm und in der Haut. Ein Ansatz könnte daher darin bestehen, die Freisetzung der Eiweiße zu stoppen und deren Ausbreitung zu verhindern. Zudem werden mögliche Impfstrategien untersucht. „Vielleicht ist der Ansatz auch eher, die Symptome zu lindern, als die Ursache zu finden“, so Professor Wüllner.

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