CD-Tipp Musik für den Film im Kopf

Vincent Peiranis neue CD „Living Being II – Night Walker“ schlägt einen großen Bogen vom Barockkomponisten Henry Purcell bis zu den Rock-Klassikern Led Zeppelin.

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Foto: act

Es fällt schwer, die von Nancy Sinatra so unvergesslich schön gesungene Ballade „Bang Bang“ zu hören, ohne an das blutverschmierte Gesicht von „The Bride“ Uma Thurman in Quentin Tarantinos Gewaltepos „Kill Bill“ zu denken. Zu eng sind diese drastischen Bilder mit der melancholischen Musik verknüpft. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten für den Film im Kopf: Der geniale Akkordeon-Jazzer Vincent Peirani etwa haucht dem Stück einen neuen Geist ein. „Bang Bang“ hört sich – insbesondere durch die so zarte wie eindringliche Begleitung durch Emile Parisiens Sopransaxofon – an wie ein wunderbar entschleunigter Italowestern. Getragen und ruhig und doch spannend bis zum letzten Takt.

So geht es weiter auf Peiranis sehr gelungener neuen CD „Living Being II – Night Walker“, die der 38-Jährige mit seinem exzellenten Quintett – Parisien, Saxofon, Tony Paeleman, Fender Rhodes, Julien Herné, Bass und Gitarre, und Yoan Serra, Schlagzeug – in nur vier Tagen in Brüssel aufgenommen hat. Was sich in einer Session-haften Lockerheit niederschlägt und in der vermeintlichen Spontaneität, wie hier Soli zelebriert werden.

Überbordende Spielfreude

Der Akkordeonist aus Nizza spielt sich in Stücken wie „Le Clown Sauveur“ in Rage, kann sich aber auch in Henry Purcells „What Power Art Thou“ aus der Barockoper „King Arthur“ einer strengen Taktstruktur unterwerfen. Von hier zu der Suite „Kashmir To Heaven“, die in zwei Led-Zeppelin-Nummern mündet, ist ein weiter Weg. Peirani überbrückt ihn mit einem Augenzwinkern, überbordender Spielfreude und den klasse Musikern seines Quintetts. Ein Quäntchen frivoler Respektlosigkeit ist auch dabei. Denn das Original von „Stairway To Heaven“ ist wahrlich nicht zu toppen – Peirani setzt sich darüber hinweg, versucht es dennoch und macht aus dem Klassiker eine beschauliche Pastorale. Das geht, muss aber nicht sein.

Überzeugender ist der Akkordeonist wenn er sich im Spannungsfeld von Weltmusik über Pop und Chanson bis Jazz bewegt, dabei die dem Instrument eigene folkloristische Note meist ausspart. Peirani hat die meisten Stücke auf „Living Being II – Night Walker“ selbst komponiert. Eindrucksvoll: „Enzo“ etwa lässt den Hörer träumen, „Falling“ lässt ihn tanzen.

Vincent Peirani: „Living Being II – Night Walker“. ACT Music. Auch auf Vinyl.

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