Dokumentarserie über Beethoven Es kann nur einen geben

Bonn · Der Sender 3sat untersucht in einer sechsteiligen TV-Reihe unter anderem mit Hilfe des Biografen Jan Caeyers den „Mythos Beethoven“. Den Anfang macht an diesem Samstag der "Revolutionär".

Es war ein Glücksfall für den jungen Ludwig van Beethoven, dass sich seine Wege in Wien mit denjenigen des Fürsten Karl von Lichnowsky kreuzten. Man kam sich rasch näher, und der musikbegeisterte Adelige wurde in den 1790er Jahren der erste bedeutende Mäzen des aufstrebenden Komponisten.

Das Geld nahm Beethoven gerne, aber kaufen ließ er sich nicht: Bei einem seiner Aufenthalte auf Lichnowskys Landsitz in Grätz im Jahre 1806 kam es zu einem folgenreichen Zwischenfall. Der eigensinnige Musiker weigerte sich energisch, der Bitte Lichnowskys nachzukommen, den adeligen Gästen – darunter französische Offiziere – nach dem Diner ein wenig auf dem Klavier vorzutragen.

Es kam zu einem handfesten Streit, und Beethoven rannte Hals über Kopf in den strömenden Regen hinaus und eilte nach Troppau, wo er mit einer völlig durchnässten Handschrift seiner „Appassionata“ ankam. Später schickte der wütende Künstler seinem Gönner einen geharnischten Brief: „Fürst, was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt, was ich bin, bin ich durch mich; Fürsten hat es und wird es noch Tausende geben; Beethoven gibt's nur einen!“ So viel zur Schau gestelltes undiplomatisches Selbstbewusstsein war selbst dem edelmütigen Lichnowsky zu viel. Er drehte Beethoven den Geldhahn zu.

Dass die sechsteilige TV-Reihe „Mythos Beethoven“, die von 3sat ab dem 3. Dezember an drei aufeinanderfolgenden Samstagen ausgestrahlt wird, mit dieser Episode aus Beethoven Leben beginnt, ist natürlich absichtsvoll. Denn die erste Folge ist „Der Revolutionär“ überschrieben und soll den widerborstigen und eigensinnigen Geist Beethovens ein wenig näher beleuchten. Dass Beethoven sich gegenüber dem Adel so verhielt, ist mehr als eine individuelle charakterliche Eigenart eines Komponisten, sondern ein deutlich sichtbares Indiz für einen Wandel im Selbstverständnis und Stellenwert der Kunst.

Beethoven verstand sich nicht mehr als Lakai, als untergeordneter Tonsetzer im Dienste des Hofes oder der Kirche, sondern sah sich wenigstens auf Augenhöhe mit der gesellschaftlichen Schicht, von der er freilich immer noch in hohem Maße abhängig war. Er wusste, dass er den Menschen, und damit auch seinen Geldgebern, etwas zu sagen hatte, nicht nur musikalisch, sondern auch moralisch: „Wohltun, wo man kann, Freiheit über alles lieben, Wahrheit nie, auch sogar am Throne nicht, verleugnen“, schrieb er schon 1793 seiner Bekannten Theodora Johanna Vocke ins Stammbuch.

Die erste Episode des Sechsteilers arbeitet dies sorgfältig heraus, lässt den Pianisten Rudolf Buchbinder zu Wort kommen, der ein wenig über die Sturmsonate reflektiert. Der Schauspieler Uwe Bohm spricht die originalen Beethovenzitate, und die unter dem Pseudonym Lea Singer auch als Romanautorin bekannte Kulturhistorikerin Eva Gesine Baur skizziert unter anderem Beethovens Verhältnis zur Obrigkeit, dessen trotzige Ungehobeltheit sie der Weltläufigkeit eines Goethe gegenüberstellt.

Auch der zurzeit wohl populärste Beethoven-Biograf ist dabei: Jan Caeyers („Beethoven – Der einsame Revolutionär“) nimmt den Zuschauer mit an diverse Originalschauplätze, unter anderem sehen wir ihn die Hofgartenwiese in Beethovens Geburtsstadt Bonn entlangschreiten. Caeyers, der übrigens als Dirigent mit seinem auf Beethoven spezialisierten Orchester „Le Concert Olympique“ beim Beethovenfest 2017 gastieren soll, ist auch auf dem Bildschirm ein Erzähler, dem man gerne zuhört.

Die von Thomas von Steinaecker, Georg Wübbolt und Carl von Karstedt gedrehte Reihe erzählt nicht chronologisch, sondern wirft in jeder Folge ein anderes Schlaglicht auf Beethoven als Mensch und Künstler. So ist der am Samstag sich anschließende zweite Teil „Der Verliebte“ (21.35 Uhr) überschrieben, in der Woche darauf sind „Der Virtuose“ (22.15 Uhr) und „Der Kranke“ (22.45 Uhr) dran, und am 17. Dezember folgen noch „Der Unternehmer“ (22.30 Uhr) und „Der Unsterbliche“ (23 Uhr).

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