Manfred Lütz liest im Haus der Springmaus vor Ein Leben nach Auschwitz

Bonn · Jehuda Bacon hat das Grauen von Auschwitz überlebt. Seinen Glauben an Güte, Menschlichkeit und Nächstenliebe hat er nicht verloren. Der Autor und Kabarettist Manfred Lütz hat ein Buch über den Holocaust-Überlebenden veröffentlicht und im Haus der Springmaus daraus vorgelesen.

 Manfred Lütz liest im Haus der Springmaus aus seinem Buch über den Auschwitz-Überlebenden Jehuda Bacon.

Manfred Lütz liest im Haus der Springmaus aus seinem Buch über den Auschwitz-Überlebenden Jehuda Bacon.

Foto: Dyck

Wie überlebt ein Mensch das Grauen von Auschwitz, ohne den Glauben an das Gute und die Menschheit zu verlieren? Der Autor, Psychiater, Kabarettist und Theologe Manfred Lütz hat auf der Suche nach einer Antwort den Künstler und Holocaust-Überlebenden Jehuda Bacon interviewt. Aus dem Dialog ist das Buch „Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“ entstanden. In eindrucksvoller Plastizität gibt Bacon dort seine Erinnerungen an Deportation und Tod aber auch Hoffnung und Nächstenliebe wieder. Am Montag las Lütz im Haus der Springmaus daraus vor.

Der Mann, um den es am Abend ging, saß nicht im Raum. Dennoch war Jehuda Bacon stets präsent, seine Ansichten und Einsichten füllten den Abend aus. „Er ist der eindrucksvollste Mensch, dem ich je begegnet bin“, sagte Lütz.

Versöhnlichkeit trotz Leiden

Begegnet ist der Buchautor, der das Alexianer Krankenhaus in Köln leitet, dem Auschwitz-Überlebenden zuerst bei einer Gruppenreise nach Israel, nachdem er ihn zuvor bei einem Auftritt in einer TV-Sendung gesehen hatte. Tief beeindruckt hatte ihn die Versöhnlichkeit des heute 87-Jährigen, der sagte, man könne auch im Leiden Sinn erleben.

Im Buch geht entsprechend über die reine Schilderung der Erlebnisse Bacons hinaus, der später im Frankfurter Auschwitz-Prozess in den 60er Jahren ausgesagt hatte. Es sei kein Buch über Auschwitz, sagt Lütz, sondern über die existenziellen Folgerungen, die ein Mensch für sein Leben daraus gezogen hat. Aber Lütz treibt auch die Frage nach der kollektiven Verantwortung um: „Wenn wir völlig unverdient von den Früchten des Wohlstands in unserem Land profitieren, dann müssen wir doch auch die Schuld unserer Vorfahren tragen.“

Glaube an das Gute trotz Grauen nicht verloren

Im Alter von 13 Jahren war Bacon mit seiner Familie aus dem tschechischen Ostrava in das Ghetto Theresienstadt und anschließend nach Auschwitz, Mauthausen und Gunzkirchen deportiert worden. Seinen Vater sah er 1944 in die Gaskammern gehen, seine Mutter und Schwester starben im Konzetrationslager Stutthof.

„Wir wussten, dass wir vernichtet werden, aber ich wusste auch, dass es etwas gibt, was man nicht vernichten kann“, sagt Bacon in dem Buch und meint damit das Gute. Immer wieder erzählt er von Menschlichkeit, die zwischen all dem Schrecken aufgeblitzt sei. Von SS-Wärtern, die heimlich Salami oder süße Nudeln an Gefangene verteilt hätten. Jeder Mensch, so Bacon, trage einen „göttlichen Funken“ in sich. Ein Leben lang müsse sich ein jeder entscheiden, ob er sich für das Gute entscheiden wolle und diesen Funken zu einem Feuer werden lasse.

Das Buch „Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“ ist im Gütersloher Verlagshaus erschienen und ist für 16,99 Euro im Buchhandel erhältlich.

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