Premiere in Bonn "Don Giovanni" wie Beethoven ihn erlebte

Bonn · Armer Titelheld Don Giovanni: Für die Vorstellungen eines Libertins seines Zuschnitts war es 1787, als Mozarts „Dramma giocoso“ in Prag uraufgeführt wurde, einfach schon zu spät – oder vielleicht doch noch zu früh?

 Liebeskatalog: Evgeniia Selina (Donna Elvira) und Rainer Mesecke (Leporello).

Liebeskatalog: Evgeniia Selina (Donna Elvira) und Rainer Mesecke (Leporello).

Foto: Benjamin Westhoff

Don Giovannis Vorgänger, Graf Almaviva, fand beim vergeblichen Bestehen auf sein feudalherrschaftliches „Jus primae noctis“-Privileg noch großzügige Vergebung. Der erotische Vielfraß Don Giovanni hingegen wird ob seiner Obsessionen in die Hölle geholt. Wird er das wirklich, oder nehmen Mozart und sein Librettist da Ponte mit einer „inszenierten“ Höllenfahrt überkomme Moralvorstellungen aufs Korn?

Unter dem Motto „Bonner Visionen“ nahm sich die zweite Produktion der von der ehemaligen Chordirektorin der Bonner Oper, Sibylle Wagner, gegründeten „Internationalen Musiktheater Akademie“ samt ihrer „Jungen internationalen Musiker“ in einer im Rheinischen Landesmuseum aus der Taufe gehobenen Produktion „Beethovens Don Giovanni“ an, will wissen: Wie könnte Beethoven Mozarts in Musik gesetzte Mantel- und Degen-Komödie erlebt haben? Ein Akt historisch informierter Sichtweise oder ein Akt reiner Spekulation? Kaum mit absoluter Sicherheit zu beantwortende Fragen.

Fürs (Beethoven-)Historische indes spricht, dass man auf die von Friedrich Rochlitz angefertigte deutsche Übertragung zurückgegriffen hat, die einen Zeitgeist widerspiegelt, dem jede erotische Anspielung abhold war.

Dass der Abend dennoch keineswegs museal verstaubt daher kam, lag an seiner musikalischen Lebendigkeit wie an der vom Regiedebüt Silvia Aurea De Stefanos entfachten Spielfreude seiner Darsteller. Vom Flügel aus leitete Wagner eine „harmoniemusikalisch“ eingedampfte Fassung für neun Instrumentalisten.

Bei den Sängerinnen war es vor allem Amelie Müller, die ihrer Donna Anna menschliche Züge verlieh. Aber auch Evgeniia Selina (Donna Elvira), Liutmila Lokaichuk (Zerlina) und Heba Almasrany (Bauernmädchen) wussten – wenn auch bisweilen arg dramatisch – zu überzeugen. Bei den Herren nahmen besonders Rainer Mesecke als Leporello und Benjamin Hewat-Craw als Masetto sowie Vincent Debus (Don Ottavio) ein. Dagegen wirkten Jakob Vad als Don Giovanni und Yonathan Brink (Komtur) stimmlich etwas blass und beengt.

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