Adenauers Dokument Dieser Ausweis ist in Deutschland einzigartig

Rhöndorf/Berlin · Student, Pressevertreter, Polizeibeamter: Für beinahe jede Rolle gibt es in Deutschland spezielle Ausweise. Einer wird allerdings nur ein einziges Mal ausgestellt.

 Der Bundeskanzlerausweis von Konrad Adenauer.

Der Bundeskanzlerausweis von Konrad Adenauer.

Foto: Frank Homann

Eine schmucke Ansammlung an Ausweisdokumenten tragen die Deutschen in ihren Portemonnaies täglich mit sich herum: Personalausweise, Führerscheine, Schüler-, Studenten- oder Rentnerausweise. Daneben stecken Bahnkarten, Bibliotheksausweise oder Karten für das Solarium oder das Fitnessstudio.

Jede Mitgliedschaft, so scheint es, erfordert auch ein Ausweisdokument im praktischen Scheckkartenformat. Eine Flut an Papieren – die im übrigen gar nicht mehr nur aus einfachem Papier bestehen, sondern aus langlebigerem Plastik. Hinzu kommen dienstliche Ausweise – etwa für Polizeibeamte, Soldaten oder Pressevertreter.

In Goldfarbe prangt der Bundesadler

Im Rahmen der Recherchen für das Themenjournal zu Konrad Adenauers 50. Todestag ist ein besonderes Exemplar eines Dienstausweises zum Vorschein gekommen. Das Dokument mit der Nummer 1 wurde am 16. Februar 1952 ausgestellt: „Der Inhaber dieses Dienstausweises ist der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Bundesminister des Auswärtigen.“ Mit seinem leuchtend roten Einband steht der Kanzlerpass derzeit in der Ausstellung im Museum der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus in Rhöndorf.

Bis auf den Aufdruck „Bundeskanzlerausweis“ in schwarzen Lettern ähnelt das Dokument einem herkömmlichen Reisepass: In der Mitte des Einbandes prangt in Goldfarbe der Bundesadler. Im Inneren befindet sich allerdings nur eine einzige Doppelseite, die direkt auf dem Einband angebracht ist. Versehen mit einem Schwarz-Weiß-Foto von Adenauer, bescheinigt ihm der Pass das Doppelamt des Bundeskanzlers und des Bundesministers des Auswärtigen. Die Funktion des Außenministers hatte der Kölner von Frühjahr 1951 bis Sommer 1955 zusätzlich zum Amt des Bundeskanzlers inne. Danach übernahm Heinrich von Brentano den Posten. Kanzler blieb Adenauer bis 1963.

Auch Angela Merkel hat einen Dienstausweis

Der Ausweis dient seinem Besitzer aber nicht nur als reine Amtsbescheinigung. Ein Hinweis am Fuß der ersten Seite sichert dem Träger vielmehr besondere Befugnisse zu: „Die Behörden und Dienststellen des Bundes und der Länder, insbesondere alle Polizeibehörden werden ersucht, den Inhaber dieses Dienstausweises bei der Ausführung seiner Dienstgeschäfte zu unterstützen, ihm bei Absperrungen ungehinderten Durchlaß zu gewähren und ggf. Schutz und Hilfe zuteil werden zu lassen.“

Der Ausweis für den Kanzler. Ein Relikt aus der Ära Adenauers? Keineswegs. Auch Kanzlerin Angela Merkel führt heute einen solchen Dienstausweis, wie das Bundespresseamt auf Anfrage bestätigte. Hergestellt wird der Kanzler-Ausweis in der Bundesdruckerei in Berlin. Genau dort also, wo auch Personalausweise und Reisepässe produziert werden. Während die Bundesbürger für einen neuen Personalausweis oder einen Reisepass persönlich bei ihrem zuständigen Bürgeramt vorstellig werden müssen, übernimmt das Bundeskanzleramt für den designierten Amtsinhaber die Antragsstellung. Zu den Kosten für das Unikat schweigt das Bundespresseamt allerdings – nur so viel wird verraten: Bezahlt wird das Dokument „aus dem allgemeinen Haushalt des Bundeskanzleramtes“.

Ein Ausweis, der vermutlich selten zum Einsatz kommt

Und noch eine Besonderheit weist der Pass auf: Er erfordert keine Verlängerung nach einer Wiederwahl, sondern wird gleich unbefristet ausgestellt. Als schöne Erinnerung an die Politkarriere darf das Dokument jedoch nicht einfach behalten werden: „Er ist bei Ausscheiden aus dem Amt zurückzugeben“, versichert ein Regierungssprecher. Warum Adenauers Exemplar nicht an die Behörde zurückging, ist allerdings nicht bekannt. „Der Ausweis ist Teil des Adenauer-Nachlasses in Rhöndorf; ob und warum Adenauer den Ausweis behalten durfte, ist leider nicht überliefert“, sagt eine Stiftungsmitarbeiterin.

Im Gegensatz zu den meisten Dienstausweisen kommt der Exklusivausweis vermutlich nur selten zum Einsatz. Der Satz „Dürfte ich bitte Ihren Ausweis sehen“, fällt sicher nicht oft. „Tatsächlich kommt eine Kanzlerin oder ein Kanzler so gut wie nie in die Verlegenheit, im Inland ihren Dienstausweis vorzuzeigen. Für Auslandsbesuche wird der Bundeskanzlerin ein Diplomatenpass ausgestellt“, sagt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Diesen erhalten Politiker wiederum vom Auswärtigen Amt. Einen regulären Personalausweis und einen Reisepass besitzt Angela Merkel ebenfalls. Am 24. September wird sich entscheiden, ob sie ihren Exklusivausweis weiter behalten kann oder ob das Kanzleramt ein neues Exemplar in Auftrag geben muss.

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