"Finis Germania" von Rolf Peter Sieferle Der „Spiegel“ und die Bestseller-Liste

Bonn · Der "Spiegel" hat unkommentiert einen Buchtitel aus seiner Bestseller-Liste gestrichen. Der Aufschrei ist groß. Es handelt sich um das problematische Buch "Finis Germania" von Rolf Peter Sieferle

 Buchtitel

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Foto: Antaios

"Der rechte, rechte Platz ist frei: ‚Spiegel‘ löscht heimlich Skandalbuch von der Bestsellerliste“, schreibt das Portal „Übermedien“. Aufschrei nicht nur von rechts, sondern von allen Seiten. Und eine Steilvorlage für den rechten Verlag Antaios: Auf seiner Homepage garniert er das Cover von „Finis Germania“ mit dem knalligen roten Logo „Spiegel Bestseller“.

Wie konnte es passieren, dass das Werk des verstorbenen Historikers Rolf Peter Sieferle, das etwa Benedikt Erenz von der „Zeit“ ob seines „völkischen Geraunes“ und der „antisemitischen Suggestionen“ als „subterrestrisch“ (unterirdisch) bezeichnet, unter der Rubrik „Spiegel-Bestseller“ läuft? Genau gesagt: Den Bestsellerrang ist „Finis Germania“ inzwischen los (dank der unkommentierten Hauruckaktion des „Spiegel“-Verlags). Doch das anpreisende Logo bleibt wohl ewig. Und die Karriere des Werks bemerkenswert.

Das Buch des 2016 durch eigene Hand aus dem Leben geschiedenen Marxismus-Experten und linken Konvertiten Sieferle, der, so Jan Grossarth („FAZ“) zuletzt „giftige, rechtsradikale Bücher“ geschrieben habe, gelangte bereits im Juni auf Platz neun der „Sachbücher des Monats“ des NDR und der Süddeutschen Zeitung. Einer der 25 Juroren für die Liste, der „Spiegel“-Autor Johannes Saltz-wedel, hatte Sieferles Werk durch einen Trick in das Ranking gehievt. Er kumulierte in der geheimen Abstimmung seine 20 Stimmpunkte auf dieses Buch (gewöhnlich werden die Voten gestreut). Es gab einen Skandal – Saltzwedel, der den Exlinken Sieferle als „final Erbitterten“ gepriesen hatte, verließ die Jury.

Doch der Siegeszug des Buches ging weiter. Der „Stern“ listete am 15. Juli „Finis Germania“ auf Platz 12 (immerhin mit dem Hinweis auf Kritiken, die das Werk als „miserabel“ und „verschwörungstheoretisch“ bezeichneten). Im Ranking des „Spiegel“ brachte es der Titel gerade auf Platz sechs der Sachbuch-Bestseller. Ein einmaliger Vorgang am 15. Juli. Danach warf ihn die Chefredaktion ohne jeglichen Kommentar aus der Liste. Aufschrei in den Medien, Entsetzen darüber, dass sich der „Spiegel“ so ungeschickt den Vorwurf der Selbstzensur eingehandelt hat. Der „Spiegel“ legte jetzt nach: Das Buch sei „rechtsradikal, antisemitisch und geschichtsrevisionistisch“. Und das ist ihm erst jetzt aufgefallen?

Man weiß nicht, was ärgerlicher ist – die mangelnde Transparenz des „Spiegel“, die angeschlagene Glaubwürdigkeit von Bestsellerlisten oder die publizistische Bugwelle, die Sieferles Werk in ungeahnte Dimensionen spült. Laut „Buchreport“ wäre der Titel „nach vorläufigen Verkaufszahlen auf der kommenden Bestsellerliste nicht mehr vertreten“. Das wird sich wohl ändern.

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