Schau im Künstlerforum Bonn startet mit Ausstellung ins Bauhaus-Jahr

Bonn · Bonn startet ins Bauhaus-Jahr – Mit einer spannenden Schau im Künstlerforum und Arbeiten von Sascha Berretz, Werner Blaser, Rainer Rehfeld und Tobias Stutz

Discokugel trifft Bauhaus: Arbeiten von Sascha Berretz (vorne und rechts) und Werner Blaser im Bonner Künstlerforum.

Discokugel trifft Bauhaus: Arbeiten von Sascha Berretz (vorne und rechts) und Werner Blaser im Bonner Künstlerforum.

Foto: Benjamin Westhoff

Weimar und Berlin, Hamburg und Düsseldorf, Dessau, Essen und Stuttgart: Überall in Deutschland wird die Gründung des Staatlichen Bauhauses – der Lehranstalt für die gute Form und deren Einfluss auf die Gesellschaft – vor hundert Jahren gefeiert. Und in Bonn? Mit einer tollen Ausstellung über das Bauhaus und die Folgen für das Design bis heute war die Bundeskunsthalle 2016 vorgeprescht. In der aktuellen Schau „Moderne im Kino“ steckt viel mehr Bauhaus, als man vermutet (was mitunter auch für die „Flaneur“-Ausstellung im Kunstmuseum gilt, die am Wochenende endet).

Ab Mitte Mai 2019 zeigt das Frauenmuseum in Kooperation mit der ETH Zürich, der RWTH Aachen, diversen Museen, der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung sowie der Alanus Hochschule die umfassende Ausstellung „Frauen am Bauhaus“. Appetit auf das Bauhaus-Jahr in Bonn macht jetzt schon mal das Künstlerforum mit der Ausstellung „God is in the details“. Gott und nicht wie gewöhnlich gemeint der Teufel stecke im Detail, meinte einmal der Architekt Ludwig Mies van der Rohe, der 1930 Direktor am Bauhaus in Dessau wurde. Mies ist so etwas wie ein Stichwortgeber der Ausstellung, die vier künstlerische Positionen bündelt, die sich mit dem Gedanken und der Architektur des Bauhauses beschäftigen. Zwei Künstler, Werner Blaser und Tobias Stutz, der eine Fotograf, der andere Maler, wählen den direkten Weg der Auseinandersetzung.

Der Dokumentarist von Mies van der Rohe

Der 95-jährige Schweizer Architekt, Fotograf und Publizist Blaser lernte in den frühen 1950er Jahren Mies in Chicago kennen, publizierte 1963 auf dessen Wunsch nicht nur die Monografie „Mies van der Rohe – Die Kunst der Struktur“, der ein Dutzend weiterer Mies-Publikationen folgte – Blaser hat auch sämtliche Bauten des Bauhäuslers dokumentiert. Das Künstlerforum zeigt neben etlichen betont nüchtern gehaltenen fotografischen Architekturstudien auch Collagen, in denen Blaser interessante Motive gegeneinandersetzt – etwa das Farnsworth House (Illinois 1950) von Mies und die Katsura Villa in Kyoto (1602).

Stutz greift sich in seiner fotorealistischen und mitunter geradezu neu-sachlichen bis fantastischen Malerei Ikonen des Bauhauses heraus, etwa die innen bunten Meisterhäuser von Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky in Dessau, das House Falling Water (1941) in Pennsylvania von Frank Lloyd Wright, die berühmte Wagenfeld-Lampe und das Haus Tugendhat in Brno, Tschechien, von Mies (1930). Klare Formen begegnen einer präzisen Malerei deren Farbigkeit die Unterkühltheit des Bauhauses konterkariert.

Besonders schön: Stutz' gemalte fiktive Begegnung zwischen Mies' berühmtem Barcelona-Pavillon und der Romantik-Ikone „Gescheiterte Hoffnung“ von Caspar David Friedrich. Hundert Jahre trennen Friedrich und Mies, genauso viele wie das Bauhaus und unsere Gegenwart. Unglaublich.

Stutz hatte übrigens die Idee zu der Ausstellung, holte sich drei Künstler ins Boot und als Kurator Robert Mertens von der Aachener Galerie Freitag 18.30.

Die Galerie logiert – o wie schön! – in den Räumen von einer der ersten Werkstätten Mies van der Rohes und in der Straße, wo der gebürtige Aachener einst wohnte. Einer der Künstler der Galerie, Sascha Berretz, stellt im Künstlerforum die klare Architektur des Farnsworth House mit urwaldähnlichen, minutiös Schicht um Schicht mit der Pipette aufgetragenen Strukturen auf Leinwand gegenüber. Woanders überlagern sich geometrische Muster auf Brokat, zwischen schwarzen Streben glitzert eine Discokugel.

Fast das gesamte Obergeschoss wird von dem rätselhaften Bauhaus-Archiv von Rainer Rehfeld okkupiert, das bis zum Eröffnungstermin am Samstag vollendet sein soll: ein dokumentarischer Einstieg in „Das unbekannte Bauhaus“ – wie ein Briefmarkenblock von 2018 (45 + 5 Cent) benannt ist – mit weitgehend unbekannten Archivalien zum Bauhaus, akkurat mit Inventarnummern erfasst. Ein verschollenes Klee-Objekt ist ebenso dabei wie die Publikation „Der Baublitz“ und in Hängeregistern das „Bauhausgeheimlabor“ sowie ein Kiosk, den ein Schüler von Theo van Doesburg entworfen haben soll. Der Betrachter staunt ungläubig.

Künstlerforum Bonn, Hochstadenring 22-24; 12. Januar bis 3. Februar. Eröffnung durch Martin Bredenbeck am 12. Januar, 16 Uhr. Di-Fr 15-18, Sa 14-17, So 11-17 Uhr

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