Beethoven-Zyklus Beginn einer langen Reise

Bonn · Hinrich Alpers spielt Beethovens 32 Klaviersonaten: Der gelungene Start mit der ersten Vierergruppe macht neugierig auf die weiteren Abende im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses.

 Meisterhaft: Hinrich Alpers hat sich vorgenommen, in Bonn alle Klaviersonaten Beethovens aufzuführen.

Meisterhaft: Hinrich Alpers hat sich vorgenommen, in Bonn alle Klaviersonaten Beethovens aufzuführen.

Foto: RITA TAYLOR

Der junge Ludwig van Beethoven war kein Freund von Experimenten, wenn es um die Veröffentlichung seiner Musik ging. Ihr Ausgang wäre ihm zu unsicher gewesen. Beethovens Devise scheint es eher gewesen zu sein, mit jedem neuen Werk die Musikfreunde in Wien und den anderen Musikmetropolen zielsicher zu verblüffen und in Erstaunen zu versetzen. Der in Berlin lebende Pianist Hinrich Alpers hat völlig Recht, wenn er darauf hinweist, mit welch unerschütterlichem Selbstbewusstsein sich der 25-Jährige ans Komponieren der frühen Klaviersonaten op. 2 machte, die er zwar noch Joseph Haydn widmete, jedoch wohl wissend, seinem Lehrer damit etwas völlig Neues vor die Nase gesetzt zu haben.

Für Alpers, der jedem seiner Bonner Konzertabende eine Einführung voranstellt, sind die drei Klaviersonaten op. 2 von Ludwig van Beethoven der Beginn einer Zeitreise, wie er am Dienstagabend im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses sagte. Dort führt er in den kommen vier Wochen im Rahmen des „Klaviersommers“ sämtliche 32 Klaviersonaten des Komponisten auf, plus ein paar Zugaben. Der letzte Abend, den er „Der Abschied“ titelt, verklingt am 8. September, dem Abend vor der Eröffnung des Beethovenfestes.

Eine Zeitreise ist die Unternehmung auch deshalb, weil der Gewinner der Telekom Beethoven Competition des Jahres 2009 die Klaviersonaten in chronologischer Reihenfolge aufführt. Alpers macht hörbar, dass Beethoven zwar schlicht und auf auf leisen Sohlen beginnt, aber nur, um seiner Hörer zielstrebig zu einem Fortissimo-Höhepunkt zu führen. Die musikalischen Gegensätze werden in der Durchführung des Sonatensatzes wirkungsvoll ausgefochten, was Alpers mit kraftvollem und sehr artikuliertem Spiel brillant zu inszenieren versteht.

Aber Alpers ist nicht nur der Mann fürs große Drama, sondern auch ein Zauberer der leisen Töne, wie er in dem lyrischen Gesang des langsamen Satzes eindrucksvoll zeigte. Er phrasiert die Bögen mit großem Atem, spielt klanglich überaus fein differenziert. Dabei übertreibt er in keiner Richtung. Das relativ zügige Tempo, das er dem Adagio angedeihen lässt, macht deutlich, dass dieser Satz nicht als Vorwegnahme der großen Adagio-Sätze des späten Beethoven zu verstehen ist. Vor dem Finale fügt Beethoven entgegen der durch Haydn und Mozart geprägten Tradition noch ein Menuett ein, dessen Trio Alpers zu einem klanglich luziden Kabinettstückchen formt. Der Schlusssatz selbst wirkt mit seiner rollenden Triolenbegleitung und den vollgriffigen Akkorden noch heute sinfonisch eingefärbt, vor allem wenn es so virtuos erklingt wie unter Alpers Händen.

In der zweiten Sonate in A-Dur beeindruckte der Kontrast zwischen den ersten beiden Sätzen, zwischen dem munteren, fast humorvollen „Allegro vivace“ und dem tief lotenden Ernst des „Largo appassionato“. Gerade in letzterem gelingt ihm einer klangliche Gestaltung mit einer ungeheuren farblichen Vielfalt, die das Fortschreiten der Melodie ebenso betrifft wie die fein getupften Bässe. Seine Anschlagskünste scheinen auch an der Musik des Impressionisten Maurice Ravel geschult zu sein, dessen Gesamtwerk für Klavier Alpers kürzlich eingespielt hat.

Diese Farbigkeit bekommt auch der dritten Sonate aus op. 2 in C-Dur ausgesprochen gut, deren Besonderheiten wie die rasanten Staccato-Akkorde des Finales er mit größter Brillanz spielte. Und in der Sonate in Es-Dur op. 7 – nach der späten „Hammerklaviersonate“ die längste in Beethovens Schaffen – überzeugte Alpers als großer Erzähler am Klavier, der die Spannung bis zum letzten Ton aufrecht erhielt. Als Zugabe schenkte er dem begeisterten Publikum einen kleinen Satz in C-Dur, den Beethoven ursprünglich für eine „Orphica“ geschrieben hat, das ist ein kleines, tragbares Hammerklavier.

Am Donnerstagabend, 18. August, 19.30 Uhr, setzt Hinrich Alpers den Zyklus fort. .

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Der Macke vom Müll
Neue Folge des Crime-Podcasts „Akte Rheinland“ Der Macke vom Müll
Aus dem Ressort