26 Bands an zehn Tagen Anfang August starten Stadtgartenkonzerte am Alten Zoll

BONN · Ein weiteres Festival für Bonn: Die siebte Auflage der Bonner Stadtgartenkonzerte präsentiert am Alten Zoll an fünf Wochenenden bei freiem Eintritt 26 Bands der unterschiedlichsten Stilrichtungen.

Beethoven hört mit. Es fehlen ihm die Arme, als Torso aus der Werkstatt des Künstlers Markus Lüpertz steht der Bonner Klassiker seit vier Jahren im Stadtgarten am Alten Zoll, die raue Bronzeschulter dem Rhein zugewandt. Dafür hat die einst umstrittene Skulptur gleich zwei Köpfe und also vier Ohren. Im übertragenen Sinne dürfte Ludwig van, ganz Genie, sehr wohl registrieren, was sich hinter seinem Rücken tut. Musik nämlich. Einmal im Jahr zeigen vornehmlich Bonner Künstler bei einem ambitionierten Festival, was sich mit musikalischer Inspiration heutzutage alles anstellen lässt.

Das Projekt hat klein angefangen, mit vier Musikgruppen vor sechs Jahren. Anfang August starten die Stadtgartenkonzerte am Alten Zoll mit 26 Bands in die siebte Saison, gespielt wird an zehn Konzerttagen, verteilt auf fünf Wochenenden. Der Eintritt ist frei, der Rheinblick inklusive.

Und wenn zu Beethovens Zeiten ein Kurfürst seine Künstler alimentiert hat oder auch nicht, so tut dies heute nicht in allen, aber in manchen Fällen die Kommune. Deshalb handelt es sich beim Künstlerischen Leiter der Stadtgartenkonzerte tatsächlich um einen städtischen Beamten. Hans-Joachim Over (55) verzichtet dabei diskret auf den Titel „Intendant“. Auf seiner Visitenkarte steht neben dem Logo „Stadt.City.Ville.Bonn“ geradezu emotionsfrei: „Beauftragter für Rock- und Popmusik / Kulturamt der Stadt Bonn“.

Keine bloße Ansammlung von Bands

Seine langen, grauen Haare, akkurat zum Pferdeschwanz gebändigt, wehen flott im Fahrwind, wenn er mit dem 45er E-Bike vom Wohnort Alfter zum Kulturamt nach Bad Godesberg rauscht. Amtsschimmel war gestern. „Klar, ich bin ein Exot“, sagt Over. Er macht von Amts wegen in Rock ‘n‘ Roll. Popularmusik lässt sich auch jenseits von Sex & Drugs vernünftig verwalten. Wenn man, wie Over, mit der Zeit geht und für jeden musikalischen Bereich das passende Netzwerk aktivieren kann.

Bei genauerer Betrachtung lassen sich die Konzerte am Alten Zoll nicht auf eine eine bloße Ansammlung von Bands reduzieren. Nein, Over macht Programm nach Plan, sucht und findet oft die passende Metaebene, indem er beispielsweise Themen bündelt. Der Musikbeamte übt sich, stets das Budget von 40 000 Euro im Blick, zudem in einer stoischen Haushaltsdiziplin, mit der man eine Beethovenhalle fast zum Nulltarif sanieren könnte.

Diese Themen und Bands stehen auf dem Programm

Dabei helfen diverse Partner, die den Kostenapparat überschaubar halten. Das Eröffnungskonzert trägt den Titel „Deutsch-Französische Frauenpower“. Als Partner ist das Institut français Bonn im Boot, das in Frankreich einen Wettbewerb initiiert hat. Junge Bands konnten sich für die Teilnahme am Bonner Festival bewerben. Gewonnen hat ein Duo, das einen deutschen Namen in absichtlich inkorrekter Schreibweise trägt: Fergessen. Michaëla und David stehen für starke Stimmen in Kombination mit elektronischen Klangbildern. Im Anschluss stellt die Bonner Sängerin Cynthia Nikschas ihr berauschendes neues Album „Egoschwein“ vor – ein kleines Meisterwerk mit originellen Arrangements und authentischen Texten aus dem Alltag einer jungen Powerfrau.

Der Bonner Veranstalter Headline steuert am 4. August einen Auftritt der Indie-Band Koj bei, Thomas Kimmerle wirbt mit dem Ensemble Radius für seine Reihe „JazzTube“, die ab dem 24. August in den Bonner U-Bahn-Stationen stattfindet wird.

Im weiteren Festivalverlauf präsentiert der Hard-Rock-Veranstalter Jürgen Both „seine“ Bands Hornado und Gun Barrel, das Musiknetzwerk Bonn die Gruppen Attic, Brother Movement, Elia und The Ride. Das Popcamp organisiert das Programm für den 31. August, die Harmonie das für den 1. September. Und das Institut français gestaltet noch einen „Bonner Vielfalt-Abend“ am 24. August. Nicht zu vergessen: Beim Festival-Ableger „Stadtmusik“ am 11. August bespielen die Veranstalter Musikstation, Viertelbar und Jazzbäckerei mit ihren Bands die halbe Innenstadt.

Die Bonner Szene arbeitet, wie diese Koproduktionen zeigen, eng zusammen. Hans-Joachim Over sieht die Stadtgartenkonzerte als Ergänzung zu den vielen anderen Festivals in der Stadt. Seine Nische sei „niederschwellig“, sagt er. „Unser Publikum kann sich bei freiem Eintritt von neuen Bands überraschen lassen.“ Oder von alten, wirklich ganz alten. Das Finale am 1. September gestaltet Electric Sandwich. Die Bonner Band hat sich 1967 gegründet.

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