Theater 30 Stunden werden 3,5: "Borgen" im Theater

Berlin · Das Serienfieber hat das deutsche Theater erfasst. Was macht die Berliner Schaubühne aus dem dänischen Fernsehhit "Borgen"?

 Sebastian Rudolph und Stephanie Eidt in "Borgen" an der Berliner Schaubühne.

Sebastian Rudolph und Stephanie Eidt in "Borgen" an der Berliner Schaubühne.

Foto: Arno Declair/Schaubühne Berlin

Serien sind wie eine Tüte Chips: Sie können einen Suchtfaktor entwickeln. So war es auch bei der dänischen Serie "Borgen", einem Welthit des dänischen Fernsehens.

Darin geht es um die idealistische Politikerin Birgitte Nyborg, die unverhofft Premierministerin von Dänemark wird, um Seilschaften und Intrigen, Politiker und Medien. Nun gibt es die Serie auf einer deutschen Bühne. Mal was Anderes nach den vielen Romanen im Theater.

Was macht Regisseur Nicolas Stemann an der Berliner Schaubühne aus den drei Staffeln und 30 Stunden Stoff? Es werden dreieinhalb Stunden. Das fühlt sich nicht ganz so lang an, wie es klingt. Auf der Bühne steht ein langer Tisch mit altmodischen Wählscheiben-Telefonen und Laptops. Klar, es geht um Inszenierungen und Politik: Viele Texte laufen über Teleprompter.

Der Inhalt wird frei und in Auszügen erzählt. Dazu gibt es Glitzerjacken, Perücken, Bühnennebel, Gesangseinlagen, Männer in Frauenkleidern, Ironie und Kapitalismuskritik. Bloß keine reine Nacherzählung. Themen wie Flüchtlinge und Obergrenzen, Lobbyismus, Familie und Karriere, eine Anspielung auf die amerikanische Politikserie "House of Cards": alles drin. Wie komisch manches aus dem Fernsehen klingt, wenn es auf der Bühne gespielt wird. Etwa, wie die Premierministerin ihrem Mann Sex nach Kalender vorschlägt, weil sie so wenig Zeit hat.

Die vier Schauspieler schlüpfen in unterschiedliche Rollen. Darunter sind der Medienberater Kasper Juul, die Journalistin Katrine Fønsmark, der Fernsehchef Torben Friis und der Ehemann Phillip. Die Bühnen-Birgitte (Stephanie Eidt) ähnelt der dänischen Fernseh-Birgitte (Sidse Babett Knudsen) ein bisschen.

Es ist ein Abend über Fernsehunterhaltung und Oberflächlichkeit, über den fiktionalen Blick auf Politik und Medien - und spielt in einem Land vor seinem Rechtsruck. Heute regiert keine Birgitte Nyborg in Dänemark. Die Reaktionen im Theater schwanken am Sonntagabend zwischen Langeweile und Begeisterung. Eine Zuschauerin sagt: "Ich krieg' jetzt fast Lust auf die Serie." Praktischerweise wird sie im Foyer auf DVD verkauft.

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