"Effzeh! Effzeh!" im Kölner Schauspiel 1. FC Köln im Theater

Rainald Grebes Fußballoratorium „Effzeh! Effzeh!“ kommt im Depot 2 des Kölner Schauspiels beim Publikum bestens an. 22 Ensemblemitglieder singen, tanzen, musizieren und agieren.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Mittags vielleicht noch im Stadion beim Heimspiel des 1. FC Köln gegen den 1. FC Heidenheim, zog es abends nicht wenige Zuschauer mit Fanschal zur Hochkultur ins Schauspiel. „Effzeh! Effzeh!“ hallte es auch im „Fußballoratorium“ des Musikers und Kabarettisten Rainald Grebe über die voll besetzten Ränge des Depot 2. Nachdem sich der gebürtige Kölner vor vier Jahren hochvergnüglich „Die fünfte Jahreszeit“ besah, den kölschen Fasteleer, steht nun mit der selbst ernannten Nummer eins am Rhein ein weiteres Kölner Heiligtum im Zentrum.

Man mag es Grebes eingestandener Liebe ausgerechnet zu Borussia Mönchengladbach zuschreiben, vielleicht aber doch eher seiner Kunst als Autor, dass er seinem rot-weißen Oratorium nicht den Verlauf einer glanzvollen Partie als Rahmen einzieht, sondern das umkämpfte, am Ende verlorene Spiel gegen den FC Paderborn in dieser Saison. Drama pur, das Grebe auch dem Umstand verdankte, dass er sein Stück wegen einer Erkrankung um ein Jahr und einen unvorstellbaren Absturz vom 5. Tabellenplatz verschieben musste.

Dabei tut sich Grebe mit dem Aufwärmen zunächst schwer. Im Sendestudio (Bühne Jürgen Lier) berlinert der Platzwart über Rasenmischungen, gibt ein graubärtiger Herr den Hennes, steht das eher ungerührte Publikum stumm zur Hymne auf. Dann aber nimmt das Spiel Fahrt auf. Dass Radiokommentatoren, Stadionsprecher, Bereitschaftsarzt und Caterer („Salat für Loge 12“) in Frack und Lackschuhen antreten wie Feuilleton-Musiker, spielt schön mit der (Selbst-)Überhöhung des Fußballs, erst recht, wenn dann doch ein Normalfan voller Wut „Boa nee!!“, brüllt, „den hätten wir reinmachen müssen!“

Großartig choreografiert von Arzu Erdem-Gallinger zeigen Chor und Orchester im schwarzen Spieldress ein Gestenballett von „Knie kaputt, bitte auswechseln“ bis zum Platzverweis. Dann die Erinnerung an den Absturz: „Et Hätz, et hät jeblootet“. Doch der FC, laut Marketingbotschaft „spürbar anders“, funktioniert zum kritischen Erstaunen Rainald Grebes „sportunabhängig“ und sorgt für einen Rekordumsatz noch in der Abstiegssaison.

Eine Modenschau aller Trikots mit Sponsorenwerbung von Funny Frisch bis Rewe signalisiert die Kommerzialisierung des Vereins, dessen Gemeinde im Dom Fürbitten gegen die Plagen der Liga lesen lässt. „Ist das nicht Blasphemie?“, ruft einer. „Nein, das ist der 1. FC Köln!“, lautet die Antwort. Wenn Gemeinde und Ex-Trainer in Weihrauchschwaden zu liturgischen Wechselgesängen anheben, („Warum, warum, warum?“, „Stöger, Stöger, Stöger!“) deutet Grebe grandios komisch das theatral-ritualhafte Element der Fußballfeier an.

Auf dem Platz singen, tanzen, musizieren, agieren 22 Ensemblemitglieder in wechselnden Rollen und spielen sich mit Spaß und Präzision die Bälle zu. „Bodo Ilgner – weißt Du noch?“ ergibt einen prima Kanon, Spielerfrauen wie Gaby Schuster erscheinen als Wiedergängerinnen im Reifrock. 70 Jahre turbulente Vereinsgeschichte bieten Grebe eine Steilvorlage nach der anderen, und er nutzt sie, bis es sich fast nach Verlängerung anfühlt. Umso rührender wirkt am Ende die Liebeserklärung eines Fans aus allerersten Tagen. Und der Überraschungsauftritt von Hammond-Orgel-Legende Franz Lambert als Halbzeitgast der bejubelten Premiere.

Zwei Stunden, keine Pause. Nächste Termine 2., 3., 22. und 23. November. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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